Gärtnern heute: anpassen und reagieren

­­„Wenn der Sturm der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen“, sagt ein chinesisches Sprichwort. Es liegt also ganz an einem selbst, was man daraus macht – sich ärgern und in Lethargie verfallen oder aber überlegen, ob Veränderungen nicht vielleicht doch etwas Positives bringen könnten. Oder aber man bezieht die Mittelposition – sich ärgern und trotzdem das Beste ­daraus machen.   

Im Garten werden wir in den letzten Jahren durch die Wetter­extreme herausgefordert. Nach Jahren mit lang andauernder Trockenheit mussten wir in 2023 mit den nicht enden wollenden Regenfällen klarkommen. Irgendwie war man ja der Meinung: Klimawandel gleich mehr Hitze und Trockenheit. Aber es kam dann doch so, wie es Sven Plöger und die anderen Meteorologen vorhergesagt hatten: durch den Klimawandel verlangsamt sich der „Jetstream“ und unser Wetter wird weniger wechselhaft; soll vereinfacht heißen, wenn sich ein Tiefdruck- oder ein Hochdruckgebiet erst einmal festgesetzt hat, werden lange Zeit nur Tiefs mit Regen oder Hochs mit Sonne und Trockenheit über uns geleitet. In früheren Zeiten hielt eine bestimmte Wetterlage einige Tage oder auch wenige Wochen an, dann wechselte das Wetter. Es gab sogar Jahre, in denen man kaum gießen musste, da immer rechtzeitig ein passender Regenguss kam. Damit kamen wir Hobbygärtner wesentlich besser klar als mit diesen außergewöhnlich langandauernden Wetterverhältnissen.   

Der Trockenheit im Garten kann man trotz der vielen Nachteile etwas Positives abgewinnen: so fallen in solchen Jahren die ansonsten jährlichen Schneckenplagen einfach aus – natürlich vorausgesetzt, dass man seinen Garten nicht flächendeckend beregnet und so für stetige Feuchtigkeit sorgt; denn dadurch ebnet man den Schleimern alle Wege im Garten. Auch unerwünschte Wildpflanzen auf den Beeten können in feuchtigkeitsarmen Zeiten recht problemlos in Zaum gehalten werden. Nach jedem Hackvorgang im Garten sterben die jungen Pflänzchen durch die intensive Sonnenbestrahlung nach kurzer Zeit ab, da die Wurzeln freiliegen. Wenn man das in den Trockensommern regelmäßig gemacht hat, hatten sie nicht die Chance, zu blühen, geschweigen denn Samen anzusetzen. Dadurch reduziert man erfreulicherweise auch den Wildwuchs in den nachfolgenden Jahren erheblich.   

Wer keinen eigenen Brunnen besitzt, ist verständlicherweise noch mehr darauf bedacht, umsichtig mit Wasser umzugehen – insbesondere nach den Extremsommern mit Hitze und Trockenheit. Da bietet es sich förmlich an, nicht nur das Regenwasser, das auf’s Hausdach, sondern zusätzlich jenes, das auf das Gewächshausdach fällt, aufzufangen und als Gießwasser zu benutzen. Oftmals ist es allerdings so, dass der Durchmesser der Abflusslöcher in den werkseits mitgelieferten Endstücken der Dachrinnen so klein ist, dass die Öffnungen rasch durch Moosstückchen und andere Verschmutzungen verstopfen. Dadurch wird verhindert, dass das Wasser wie geplant in die Auffangbehälter abfließen kann. Bei den meisten Gewächshaus-Dachrinnen ist es möglich, eine Eigenkonstruktion anzubringen, die einen wesentlich größeren Auffangtrichter hat, so dass kein Wasser verloren geht (siehe Bild). Wenn die Dachrinne völlig waagerecht angebracht worden ist, kann es allerdings passieren, dass das Wasser unterhalb der Rinne zurückfließt und ungenutzt auf den Boden tropft. Das kann man verhindern, indem man z.B. eine genügend lange, dünne Edelstahlkette (beachten: kann vom Wasser weggespült werden) oder eine kleine Edelstahlstange, die im 90° Winkel gebogen wurde, in die Rinne legt, so dass die Flüssigkeit daran geleitet wird und auf diese Weise in den Trichter gelangt. Als zusätzliche Maßnahme kann man das gegenüberliegende, zumeist offene Ende der Rinne verschließen, so dass sämtliches Wasser in eine Auffangtonne fließt. Wenn diese Gefäße ein beträchtliches Fassungsvermögen haben, kann man mit diesem aufgefangenen Wasser etliche Tage Trockenheit überbrücken. Damit keine Kinder oder Vögel ins Wasser fallen und keine Mücken dort für Nachwuchs sorgen, sollte man die Tonnen mit einem Deckel verschließen. Ebenso kann man die Wasseroberfläche mit einem Fliegengitter vogel- und mückensicher machen.   

In den vergangenen Jahren war das Frühjahr zeitweise so trocken, dass man sogar den Aussaaten keinen optimalen Start geben konnte. Manchmal muss man dann sehr kurzzeitig reagieren. So hörte ich eines Tages im abendlichen Wetterbericht, dass es am morgigen Tag regnen sollte. Da war für mich klar: runter vom Sofa, schnell Arbeitsklamotten anziehen, Samentüten und benötigte Geräte schnappen und ab in den Garten. Da die Beete bereits vorbereitet waren, musste ich lediglich Rillen ziehen, Samen rein, andrücken, zuharken und ab zum nächsten Beet. Als am nächsten Tag tatsächlich ein kräftiger Regen die Keimwilligkeit enorm förderte, war ich heilfroh, dass ich am Abend zuvor den Garten dem bequemen Sofa vorgezogen hatte.  

In der 2023er Regenzeit wartete ich darauf, endlich das große Schutznetz (8 × 10 m) vom Gestell rund um die Beerensträucher entfernen zu können, um es trocken einzulagern. Dann kam tatsächlich eine kurzzeitige Trockenphase. Nur war das Netz durch die lang andauernden Regenfälle natürlich pitschnass. Dann meldete sowohl der Wetterbericht als auch meine Wetter-App, dass ein Nachmittag sogar Sonne bringen würde. Da hieß es, schnell reagieren und das Netz breit auf der Wäscheleine verteilen. Zusätzlich zu der wärmenden Sonne gesellte sich ein recht kräftiger Wind, so dass die Feuchtigkeit komplett aus dem Netz verschwinden konnte. Als sich am Abend der Himmel wieder stärker verdunkelte, musste ich rasch die Beine in die Hand und das Netz von der Leine nehmen. Jetzt kann es durch und durch trocken auf seinen nächstjährigen Einsatz warten. Glück gehabt!  

Man sieht: auch im Garten kann es sich mit ein wenig Glück auszahlen, wenn man auf die momentanen Gegebenheiten (eventuell recht kurzfristig) reagiert und das Beste draus macht. Anpassungsfähigkeit gehört eben zur Natur und damit zu jedem Garten. 

Manfred Kotters  

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