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Das macht sie zu Freilandpflanzen
Gärtnernde Menschen erleben in letzter Zeit immer öfter Überraschungen. Das bringt der Klimawandel mit sich. Manche Pflanze südafrikanischer Herkunft kam nach Europa, wurde beliebt und für das hiesige Klima fit gemacht, immer nach demselben Muster: Pflanzung im Frühjahr an einen sonnigen, warmen, etwas geschützten Platz in gute, nährstoffreiche, humose Erde, wachsen und blühen lassen, im Herbst schützend ins Haus holen, kühl, aber frostfrei überwintern. Oder als Kübelpflanze ziehen, Topf im Sommer draußen einsenken, mit Topf im Haus kühl überwintern. Es bleibt immer ein umständliches Hin und Her zwischen draußen und drinnen, auch für Schopflilie Eucomis punctata, eine Art mit riemenförmigen Blättern, dunkel geflecktem Stiel und stattlichem, gut 30 cm langem Blütenstand, bestehend aus dicht gedrängt sitzenden, etwa 1 cm großen, cremeweißen bis gelblichgrünen, rotbraun gerandeten Blüten, die lange halten, ehe sie vergehen. Dies Vergehen verläuft bei Schopflilien etwas anders als bei vielen anderen Zwiebelblumen. Da schlappt nichts, da welkt nichts, da verblasst nichts, sondern behält Farbe, und es entstehen Samen. Es wäre schade, so einen in Schönheit sich vollendenden Vorgang abzubrechen. Man lässt die Schäfte stehen und hat weiter Freude am Fortgang. Das dauert viele Wochen, bis im Herbst nun wirklich Aus ist. Man muss natürlich auch Sinn haben für einen solchen Vorgang des Vergehens.
Folgt man den üblichen Pflegehinweisen für Schopflilien nimmt man vor dem ersten Frost die Zwiebeln aus der Erde, vorsichtig wegen der etwas zerbrechlichen Wurzeln, topft in lockere Erde, hält bei etwa 10 Grad und gießt nur äußerst selten. Die Erde sollte nicht ganz austrocknen; das alles, um die Zwiebeln unter Dach und Fach durch den Winter zu bringen.
Wenn jedoch Schopflilien an einem geschützten, warmen Platz, etwa vor einer Westmauer des Hauses stehen, wo es außerdem vergleichsweise trocken ist, erlebt man eine dieser Überraschungen des Klimawandels im Garten. Einige Zwiebeln pflanze man darum Anfang Mai dort und lasse sie im Herbst stehen, schneide nur vor Winter bodennah zurück, decke die Zwiebelstandorte mit etwas gutem Kompost, gebe darüber reichlich trockenes Herbstlaub und ein paar Zweige vom Weihnachtsbaum. Dann sprießen die Zwiebeln im Frühjahr wieder, denn sie überstanden kalte und weniger kalte Wintertage, feiern jetzt Wiederwachsen mit reichem Flor. Fühlen sie sich wohl, bilden sie sogar Tochterzwiebeln mit noch mehr Blüten.
Ilse Jaehner