Brennnessel macht sich nützlich

Aber sie bleibt wild    

Brennnesseln können einen Garten flott mehr oder weniger zuwuchern. Sind sie deswegen Un-Kraut? Sie bleiben wild. Urtica dioica, die Große Brennnessel, ist ein ausdauerndes Kraut mit männlichen und weiblichen Pflanzen, also zweihäusig, im Gegensatz zur Kleinen Brennnessel Urtica urens, die einjährig wächst und einhäusig blüht. Die Große heißt mit Recht so. Wir holten kürzlich beim herbstlichen Abschluss ein 3 m großes Exemplar aus der Naturecke. Blätter und Triebe von Brennnesseln sind dicht besetzt mit Brennhaaren, deren Spitzen abbrechen, kaum dass sie wo eingedrungen sind. Der eingedrungene Saft schmerzt zwar und verursacht Quaddeln, ist jedoch harmlos. Im Gegenteil: Brennnesselsaft wirkt heilsam. Er enthält erhebliche Mengen Vitamine, Säuren, Mineralstoffe und andere wertvolle Bestandteile, so dass man sogar überlegte, Brennnesseln als Gemüseart einzugliedern, doch dann setzte sich die Erkenntnis durch, dass genug Brennnesseln wild wachsen und jeder sie sich holen kann, wenn er will.    

Das sollte vor allem im Frühjahr jeder tun. Junge Brennnesselblätter sind ausgesprochen gesundheitsfördernd. Es gibt genug Rezepte, sie schmackhaft zuzubereiten. Man nimmt dazu die jungen Spitzen. Erreichen die Triebe Handhöhe, werden die Blätter allmählich derb. Dann senst oder sichelt man die Pflanzen ab und lässt sie neu durchtreiben, so dass sie auch im Sommer frische Blätter liefern. Aus Blättern von Brennnesseln kann außerdem Tee zubereitet werden, der zum Beispiel bei Blasenentzündungen hilft. Mit Brennnesseln kann man gegen Rheuma, Atembeschwerden, Frostbeulen, Bleichsucht und sogar Haarausfall vorgehen. Eine jährliche Blutreinigungskur mit Brennnesselsaft ist auf alle Fälle nützlich.    

Nicht nur Menschen hilft die Brennnessel bei Unpässlichkeiten. Brennnesselbrühe kann die Widerstandskraft von Pflanzen gegen Schaderreger stärken beziehungsweise ihnen Nährstoffe zuführen. Bei der Herstellung von Brennnesseljauche stinkt es zwar mitunter erheblich, aber es ist ja für einen guten Zweck.    

Immer wieder während wirtschaftlicher Flauten erinnerte man sich der Brennnessel als Faserlieferant. Im 18. Jahrhundert bestand Nesseltuch tatsächlich aus Nesselfasern. Was heute mit Nessel gekennzeichnet wird, ist ein nicht ausgerüstetes Nesseltuch in Leinenbindung. Schlecht schneiden Nesseln als Faserpflanzen im theoretischen Vergleich jedenfalls nicht ab. Man versuchte immer wieder, die Nessel produktionstauglich zu machen, doch letztendlich war Baumwolle stärker. Doch wer weiß: Vielleicht ist das letzte Wort noch nicht gesprochen und die Brennnessel eine Alternative zu den vielen Kunststoffen. – Zum Schluss sei noch der vielen Tiere gedacht, die von der Brennnessel leben, stellvertretend die Schmetterlinge Admiral, Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs und noch manch andere.     

Ilse Jaehner

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