Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

Herbst ist Erntezeit, so viel ist bekannt. Denkt man daran, was man nun alles ernten und genießen kann, steigt die Stimmung. Der Lohn für Mühe, Wachsamkeit und Einsatz kann nun genossen werden.

Andere mögen hingegen wegen der Flut einer einzelnen Gemüse- oder Obstsorte gar nicht daran denken, dass sie nun alle Früchte irgendwie verarbeiten, verzehren oder verschenken müssen, um diesen Überschuss abbauen zu können.

Wieder andere, streng gehegte und gepflegte grüne Schützlinge haben es hin­gegen noch nicht einmal geschafft, die erhofften Früchte auszubilden.

Im Garten ist alles vorhanden – Erfolge, Misserfolge, Überschuss und Mangel. 

Es geht immer darum, einen Ausgleich zu schaffen. Dieses kleine Ökosystem ­‚Garten‘ ist dabei nicht statisch und verändert sich aus sich heraus. Wie ein eigener Organismus, der sich immer wieder neu reguliert, um auf Umwelteinflüsse zu reagieren, wird unter den gegebenen Umständen eine neue Balance geschaffen. Entwicklungen geschehen dabei wie von selbst, denn der Garten lebt und alle Teile beeinflussen sich gegenseitig. 

Auftrag des Gärtners ist es dann lediglich, zu schauen, was sich verändert und ob die Veränderung, die vom Garten ausgeht, bleiben kann oder nicht – je nachdem, ob sie zu den eigenen Absichten und Vorhaben passt.

Hierbei kann es sein, dass sich zufällig Pflanzen oder Tiere im Garten ansiedeln, die nicht einkalkuliert waren. Eine gute Beobachtung des eigenen Gartens offenbart häufig unerwartete Überraschungen. Oftmals lohnt es sich dann, dem Garten nachzugeben und der neuen Entwicklung – sofern sie nicht destruktiver Natur ist – Raum zu geben und abzuwarten. So hat sich schon mancher zunächst unbekannte/unbeabsichtigte Sprössling später als blühendes Buffet für Insekten oder gar als Früchte tragendes Bäumchen herausgestellt.

Das Wachsen und Gedeihen im Garten bietet die Möglichkeit, die Anpassungs­fähigkeit, den Wandel und die Kraft der Natur zu erleben und durch reines Zuschauen zu lernen – zum Beispiel sich in Geduld zu üben, abzuwarten, sich überraschen zu lassen oder auch mühsamen und unbeliebten Tätigkeiten nachzugehen – mit Gleichmut und Bescheidenheit.

Auch der Wandel und die Vergänglichkeit sind im eigenen Garten erfahrbar und erinnern den Gärtner daran, sich ebenfalls in Akzeptanz von vergebenen Mühen und einem entspannten Umgang mit Niederlagen zu üben. Schließlich sollte die Bewirtschaftung des eigenen Gartens keinen dauerhaften Kampf gegen die ­Natur darstellen – auch wenn das beim Unkrautjäten zeitweilig so erscheinen mag 

Ihr Karl Born, 
Vorsitzender des Hauptvorstands

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