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Ein Beitrag ohne Umbrüche, mit Absätzen und Hervorhebungen.Neulich hat sich bei der letzten Ernte der Stangenbohnen folgendes ereignet: schon ein paar Tage nach den ersten Blüten konnte ich die winzigen Bohnenhülsen erkennen. Wieder ein wenig später sagte ich zu meiner Frau: „Ich habe so ein, zwei Stangenbohnen entdeckt. Mal sehen, ob ich eine Mahlzeit zusammenbekomme.“ Den 5-Liter-Ernteeimer musste ich allerdings rasch gegen einen 10-Liter-Eimer tauschen und ein zweiter wurde schließlich auch noch voll.
Ja, die Stangenbohnen verstecken ihre Früchte gekonnt hinter den großen Blättern und zwischen den Ranken. So verschätzt man sich nicht nur allzu leicht bei der Erntemenge, sondern übersieht auch noch etliche Bohnen. Die Idee, die Sorte „Blauhilde“ wegen ihrer herausstechenden Farbe zu wählen, hilft da auch nur bedingt, da nicht nur deren Hülsen dunkelviolett sind, sondern auch die Ranken und Blätter blau angehaucht sind. Warum machen die Stangenbohnen das? Es muss doch in ihrem ureigensten Interesse liegen, dass die Samen geerntet werden; denn durch diese Samen will sie sich doch vermehren.
Nach der Lektüre des Buches „Was Pflanzen wissen – wie sie sehen, riechen und sich erinnern“ von Daniel Chamovitz – die Buchbesprechung finden Sie ebenfalls in dieser Ausgabe – habe ich eine Vermutung: da sie seit vielen Jahren angebaut werden, haben die Bohnen mit der Zeit bemerkt, dass die Menschen nur die unreifen Hülsen ernten. Daraus schlossen sie, dass die Ernte dieser nicht vermehrungsfähigen Samen für die Verbreitung ihrer Art keine Rolle mehr spielen würde. Sie waren sich alle einig, dass es so nicht weitergehen konnte. Nach jahrelangem Ausprobieren hatten sie endlich die Lösung: sie boten ihre Früchte nicht mehr stolz an, sondern versteckten sie zwischen ihren Blättern und Ranken. Jetzt wurden etliche Hülsen vom Menschen nicht oder zu spät entdeckt und die nicht gefundenen Hülsen konnten zur Samenreife kommen. Mit diesem kleinen Trick überlisten sie alljährlich die Menschen und sichern so den Fortbestand ihrer Art – soweit einmal die stark vereinfachte Erklärung.
Nun wird es in Zukunft interessant sein, wie sie reagieren, wenn ein Whistleblower ihnen zuflüstert, dass die Menschen den reifen Samen nicht säen, sondern Bohnensuppe daraus kochen.
Scherz beiseite – die Wissenschaft steht auch heute noch vor vielen unbeantworteten Fragen der Evolution, Vererbung sowie Epigenetik, deren Effekte bereits Charles Darwin beobachten konnte, aber bis heute nicht bis ins letzte Detail erklärt werden können. Spannend, welche Geheimnisse die Pflanzen wohl noch vor uns Menschen hüten mögen.
Manfred Kotters