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Eigentlich haben wir die Haselnusssträucher nur, damit unsere Hühner Sicht- und Sonnenschutz genießen können. An eine Nussernte haben wir nie gedacht. Bis mir irgendwann auffiel, dass doch einige Nüsse darunter lagen, die, als ich sie abends knackte, außerordentlich gut schmeckten. Warum also nicht das Kniekissen und einen kleinen Eimer holen, um auf allen Vieren durch den Hühnerauslauf zu robben!? Der 5 Liter-Eimer wurde bis zum Rand voll. Als das herbstliche Wetter windiger wurde, lösten sich immer mehr Nüsse und fielen zwischen die Hühner, die sich verständlicherweise nicht für diese zu große, aber kalorienreiche Nahrung interessierten. Also: wieder Kniekissen und Eimer schnappen und in Augenhöhe von Hahn und Huhn sammeln. Auch dieser Eimer wurde voll. Als die Nuss-Saison zu Ende war, konnten wir auf eine enorme Menge Haselnüsse herabschauen – und nun?
Obwohl ich mit dem Nussknacker arbeitete wie ein Weltmeister, wurde die Nussmenge nur langsam weniger. Wir stellten schnell fest, dass diese frischen Haselnüsse ein wesentlich besseres Aroma als die gekauften hatten. Immer stand eine Schüssel mit geknackten Nüssen auf dem Tisch: ein gesunder Snack vorm Fernseher. Ein Teil davon wurde außerdem gehackt unter Quark gerührt, ein Teil wurde zu Haselnussplätzchen (die Weihnachtsbäckerei stand ja vor der Tür) und ein weiterer Teil wurde fein gemahlen zu Haselnusscreme für das Frühstücksbrot verarbeitet. Ende Januar konnte ich den Nussknacker einmotten –
alle Haselnüsse hatten ihre harte Schale verloren. Schade nur, dass wir uns jahrelang gar keine Gedanken über eine Ernte gemacht hatten.
Mit der Zeit fiel uns auch auf, dass einige Nüsse wesentlich größer waren als die anderen. Diese großen stammten von dem Strauch, den ich vor Jahren gekauft und neben den normalen Haseln gepflanzt hatte. Es war die Sorte „Wunder von Bollweiler“. Die Nüsse gehörten nicht nur optisch, sondern auch geschmacklich in eine ganz andere Liga. Der Kauf hatte sich fürwahr gelohnt. Deshalb habe ich in diesem Jahr zusätzlich einen Strauch der Sorte „Nottinghams Fruchtbare“ gepflanzt, um in ein paar Jahren den Anteil der größeren und leckeren Nüsse zu vergrößern.
Die bisherige Ernte hatten andere Gesellen vorgenommen – was uns aber nie aufgefallen war, da die Sträucher ja eigentlich nur zum Schutz der Hühner dort standen. Wer diese Erntehelfer genau waren, können wir nur vermuten. Sicherlich Eichelhäher, Elster, Krähen und der Buntspecht – Vögel, die hier immer wieder zu sehen sind. Eichhörnchen haben wir seit kurzem auch, was an den Nagespuren der Nüsse zu erkennen ist. Diesen Tieren habe ich nun durch meine egoistische Ernte bestimmt den Speiseplan etwas durcheinandergeworfen. Aber unsere riesige Eiche hat die Tiere auf alle Fälle nicht verhungern lassen.
Wer allerdings auch Haselnüsse abbekommen hat und auch heute noch bekommt ist der Haselnussbohrer. Ein Rüsselkäfer, der seine Eier in die unreifen, noch weichschaligen Früchte legt.
Die geschlüpften Larven fressen das Innere auf und nagen sich dann durch ein kleines rundes Loch in die Freiheit, um sich anschließend in den Boden zu vergraben und zu überwintern. Wenn wir Glück hatten, haben die Hühner entweder die Larven vor dem Eingraben oder die Käfer nachdem sie den Boden verlassen haben, aufgepickt. Ehrlich gesagt: wir hoffen das, aber ob sie das tatsächlich gemacht haben? Außerdem schafft es so ein Rüsselkäferweibchen 40–50 Nüsse mit ihren Eiern zu belegen – da ist ein gewisser Anteil von geschädigten Nüssen nicht zu vermeiden.
Eines aber stand nach dieser erfolgreichen ersten Ernte fest: die Haselnussernte gehört ab jetzt zu den routinemäßig anfallenden Gartenarbeiten im Jahreslauf.
Manfred Kotters