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Den übersieht keiner
Die heimische Pflanzenwelt ist voller wildwachsender Schönheiten, die es verdienen, auch im Garten zu beeindrucken. Solch eine ist Wasserdost, wegen seiner tief eingeschnittenen Blätter, die an jene von Hanf erinnern, auch Wasserhanf genannt, botanisch Eupatorium cannabinum. Im Garten gehört er zur Gruppe wirkungsvoller Großstauden, denn er wird in gutem, frischem bis feuchtem Boden leicht bis 150 cm hoch, nicht selten mannshoch und mit der Zeit entsprechend breit. Ab Juli und fortlaufend bis weit in den September bilden sich aus unzähligen kleinen, unscheinbaren Blütchen umfangreiche doldige Blütenstände. Bienen, Hummeln, Schmetterlinge, Schwebfliegen schätzen sie sehr. Mit Samenreife lösen sie sich flockig-locker weiß auf und sind besonders im Winter raureifgeschmückt weitere Hingucker. Heimischer Wasserdost ist im Volksmund als Kunigundenkraut bekannt und so benannt nach der Gemahlin des Kaisers Heinrich II, war früher arzneilich nutzbar. Nach Heinrichs Tod trat Kunigunde als Nonne in das Kloster Kaufungen ein, starb etwa 1040 und wird besonders im Raum Bamberg als Heilige verehrt.
Dieser Wasserdost bleibt immer Wildling, gehört deswegen an artgerechte Standorte in passende, naturnahe Umgebung mit feuchtem, vorübergehend auch nassem Boden, an verhalten sonnige bis licht beschattete Plätze, gern an Ufern natürlicher Teiche und Bachläufe, passt gut zu Wiesenraute, Kreuzkraut, Blutweiderich, Trollblume, vor Gehölzgruppen oder ganz frei gestellt an den Rasenrand, als attraktiver Sichtschutz in Grenzbereiche des Gartens.
Ein nordamerikanischer Vetter des heimischen Wasserdostes ist Purpurdost (Eupatorium fistulosum) oder Röhriger Wasserdost wegen der hohlen Stängel. Er wird stattlich bis 180 cm hoch, in gutem Boden auch höher und blüht ebenfalls von Juli bis September, kräftiger rot auf rötlichen bis purpurfarbenen Stielen. Die Pflanze gilt als wertvolle Wildstaude für Plätze in voller Sonne und frischem, gutem Gartenboden. Von Eupatorium fistulosum gibt es einige Sorten, zum Beispiel die bewährte ‚Weihenstephan‘, bis 200 cm hoch werdend. Weiter empfehlen sich ‚Glutball‘, 150–200 cm hoch, und ‚Purble Bush‘, von August bis Oktober blühend, alle für herbstliche Blütezeiten praktisch unentbehrlich, zumal im Verlauf des späteren Herbstes goldgelbe Blattfärbung hinzukommt. Schwachwüchsiger ist die 70–100 cm hoch werdende Sorte ‚Baby Joe‘, daher für kleinere Gärten passend. Wasserdostpflanzen sind allesamt gesund, winterhart, langlebig, durch Teilung leicht vermehrbar. Wegen der späten Blüte und des hübschen Raureifschmuckes schneidet man vor Winter nicht zurück, sondern erst im Nachwinter vor Beginn des Triebes.
Foto und Text: Ilse Jaehner