Staudenbeete im Umbruch?

Es ist sicherlich ungewöhnlich, einen Leitartikel mit einer Fragestellung zu beginnen, aber in diesem Fall geschieht das ganz bewusst. Stauden und die damit gestalteten Flächen sind die Schmuckkästen in unseren Gärten. Kein Gartenbereich ist schöner und abwechslungsreicher, als der der Stauden. Das liegt insbesondere an der artenreichen Vielfalt dieser Pflanzengruppe mit all seinen unterschiedlichen Farbspielen, aber auch an Wuchsformen sowie den sehr unterschiedlichen Blühterminen innerhalb eines Jahresverlaufes. Stauden werden immer noch gerne nach ihren Lebensbereichen eingeteilt, von denen man insgesamt sieben verschiedene unterscheidet. Diese Lebensbereiche sind für die Kultur und Haltung dieser wunderbaren Pflanzen weitgehend richtungsweisend und können innerhalb ihrer Bereiche nur schwer gegeneinander ausgetauscht werden. Zum besseren Verständnis, hiermit sind die idealen Standortbedingungen einzelner Staudenarten oder ganzer Staudengruppen gemeint. Der eigentliche Lebensbereich drückt die Lichtverhältnisse (Licht und Schatten), die Bodenverhältnisse, die Bodenfeuchte, die Gartenart oder den eigentlichen Pflanzort aus (z.B. Schattenstauden für einen Schattengarten, Steingartenpflanzen für einen Steingarten usw.). Der real existierende Klimawandel mit seinen ausgeprägten Trockenperioden, Hitzewellen und sehr hohen UV– Strahlungen zeigt uns nun leider, dass wir in der Zukunft vermutlich unsere Pflanzweisen für Staudenbeete abändern müssen. Unsere berühmten Staudenpioniere, Karl Förster, Pagels oder Arends würden uns mehr als nur verwundert zuschauen, welche Anstrengungen wir unternehmen müssen, um ihre geschaffenen (Züchtungen) Staudenschätze weiterhin in unseren Gärten und Parkanlagen zu kultivieren und pflanzen zu dürfen. Darunter versteht man:  

  • Neue Sortiment-Zusammenstellungen von Stauden, die sich als trockenheits­resistent bewähren.  
  • Einsatz von wissenschaftlich zusammengestellten Staudenkonzepten.  
  • Die Erprobung neuer Pflanzweisen, bzw. Methoden.  
  • Die Verwendung neuer Pflanzsubstrate mit integrierten Wasserspeichern.  
  • Neuartige Dünger mit Langzeitwirkung und Inhaltsstoffen, die Bedürfnissen von Stauden angepasst sind.   
  • Der Einsatz ausgefeilter Bewässerungs­methoden.  
  • Neuartige Mulchmethoden, insbesondere mit mineralischen Materialien.  

Unsere Staudenbetriebe in Deutschland haben sich untereinander zusammengeschlossen und Arbeitskreise gebildet, so wie der Verband der Staudengärtner oder der Staudenring. Unterstützt werden sie dabei von namhaften Universitäten und gärtnerischen Fachschulen und wissenschaftlichen Gärten, wie z.B. der Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof in Weinheim. Der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Großbeeren, außerhalb von Berlin. hat im Jahre 2022 einen großflächigen Versuch als Langzeitstudie mit trockenresistenten Stauden und Kleingehölzen durchgeführt. Schwerpunkt dabei war die Auswahl des Pflanzenmaterials als mehrfache Wiederholung sowie die Erprobung alter und neuer Mulcharten. Die Resultate dieser Versuchsreihe wurden dann Ende 2022 anlässlich eines Seminars präsentiert und anschließend bundesweit veröffentlicht. Schöne Staudenbeete sind kein Zufallsprodukt, sondern das Resultat einer sehr gründlichen Gartenplanung. Sofern sie am richtigen Standort gepflanzt sind, sind sie pflegeleichte Gartenpflanzen, die eines der wichtigsten Elemente bei der modernen Gartengestaltung darstellen. Hierzu hat der bereits erwähnte Staudenring, in Verbindung mit Gartenbauschulen, gartenbaulichen Versuchsanstalten sowie Universitäten neuartige Staudensortimente, bzw. Staudenmischungen entwickelt. Er hat parallel dazu ein Pflanzsystem entworfen mit dem sowohl ein Gartenanfänger als auch ein Profi-Landschaftsgärtner arbeiten kann. Diese universal einsetzbaren Staudensortimente haben zwar sehr unterschiedliche Standortbedingungen, die auch einzuhalten sind, ansonsten aber den Vorteil, dass sie pflegeleicht und einfach zu pflanzen sind. Die Sortimente tragen wohlklingende Namen, wie „leicht und duftig“ „bunt und robust,“ „Tanz der Gräser“ oder „Schattenperle und Schattensilber.“ Inzwischen gibt es mehr als 50 verschiedene Staudensortimente. Alle haben eine eindeutige Benamung, aus der, ohne große Fantasie anzuwenden, der Standort, aber auch das Erscheinungsbild im Vorfeld schon zu erkennen ist. Diese entwickelten Staudenmischungen funktionieren alle nach dem gleichen Prinzip, wobei man immer von vier unterschiedlichen Pflanzentypen ausgeht, dies sind:   

  • Gerüstbildner, Pflanzen, die teilweise etwas höher sind, evtl. besondere Form- oder Wuchseigenschaften haben, der Fläche eine gewisse Struktur geben und in jedem Fall auffallen.  
  • Dazu kommen die Gruppenstauden die bis zu einer Höhe von 35–45 cm hoch wachsen, unterschiedliche Blühtermine und Farben haben und teilweise auch immergrün sein können.  


Unverzichtbar ist dann die Gruppe der Bodendecker, die in solch einer Mischpflanzung ein sehr wesentlicher Bestandteil sind, da sie freie oder kahle Stellen im Beet verdecken. Diese drei Pflanzentypen blühen zu den unterschiedlichsten Jahreszeiten, dadurch verändert sich das Erscheinungsbild solch einer Staudenanlage mehrfach innerhalb einer Vegetationsperiode. Für eine Blüte im zeitigen Frühjahr sorgen noch die Streupflanzen, die in Form von unterschiedlichen Blumenzwiebeln in solch eine Staudenanlage eingebracht werden. Die Blumenzwiebeln werden in lockeren Tuffs á 15–20 Stück ab September (notfalls als Nachpflanzung) zwischen die Stauden gepflanzt. Zu jedem dieser Staudensortimente gehört eine individuelle Beschreibung, aus der hervorgeht, wie hoch die einzelne Staude wird, in welcher Farbe sie wann blüht sowie ein stichwortähnlicher Pflegeplan, wann z.B. ein Rückschnitt erfolgen soll. Das wichtigste ist jedoch eine Mengenangabe zu den einzelnen Stauden. Die Mengenangabe bezieht sich bei den meisten Sortimenten auf 10 m2, die sich bei größeren Flächen sehr bequem hochrechnen lässt. Die eigentliche Anordnung der einzelnen Stauden ist von der Lage der geplanten Fläche abhängig. Freiliegende Flächen müssen anders aufgebaut werden als Flächen vor einer Hauswand mit Draufsicht. Es verwundert sicherlich nicht, dass zu diesem System auch neuartige Pflanzmethoden entwickelt wurden, man unterscheidet vier verschiedene Varianten. Zu welcher man sich entscheidet, hängt von der eigentlichen Pflanzfläche ab. Von Bedeutung sind auch die vorherrschenden Bodenverhältnisse sowie die persönliche Einstellung neue, teilweise unbekannte Wege zu gehen, die letztlich der Pflanze und Umwelt zugute kommen. Wer sich mit offenen Augen in Städten und Kommunen, in den Parks und Gartenanlagen und teilweise auch in Privatgärten umschaut, der wird sicherlich staunen, was sich hier bereits in den vergangenen Jahren getan hat.  


Variante 1 – Pflanzung direkt in den ­vorhandenen Boden.   

Das ist die althergebrachte Methode, die allerdings von der Bodenqualität abhängig ist. Die Pflanzflächen sollten zudem frei von Wurzelunkäutern sein. Hierbei werden die einzelnen Stauden in ihren Töpfchen zunächst nach Plan aufgestellt und dann gepflanzt. Neu an dieser Variante ist, dass die Pflanzflächen im Anschluss mit einer mineralischen Mulchschicht abgedeckt werden. Die Stärke soll 5 cm nicht übersteigen. Verwendet wird eine Korngröße von 8–16 mm. Geeignet sind Natursteinarten wie Kalkstein, Porphyr, Basalt oder Lava, auch ungebrochene Kiesarten in derselben Korngröße kommen zum Einsatz. Von organischem Mulchmaterial wird eher abgeraten. Bei großflächigen Pflanzungen kann man nach dem Bodenplanum die Splitschicht sofort aufbringen, die Pflanzen ausstellen und durch die mineralische Mulchchicht durchpflanzen. Hierbei ist zu beachten, dass die kleinen Topfballen der Stauden ausreichend tief in den Boden kommen.   


Variante 2 – Pflanzung mit Splitt ­Beimischungen.  

Bei sehr bindigen Böden, also Böden mit einem erhöhten Anteil an Lehm oder Ton und gleichzeitig hohen Niederschlägen wird eine Beimischung von Splitt (50%) und Rheinsand (20 %) empfohlen. Diese Beimischungen verhindern Staunässe, lockern und durchlüften den schweren Boden dauerhaft und gewähren so einen optimalen Wuchs der Stauden. Ansons-ten werden bei dieser Variante alle weiteren Arbeitsschritte wie bei Variante 1 durchgeführt.  


Variante 3 – Pflanzung direkt im Splitt.   

Bei dieser Pflanzvariante kann man davon ausgehen, dass zum Zeitpunkt der Pflanzung keinerlei Unkraut aufkommen kann, außer evtl. vorhandener Wurzelunkräuter aus tieferen ­Bodenschichten. Allerdings neigen Splittschichten zu stärkerer Verdichtung. Deshalb sollte bei dieser Methode etwa 20 % Rheinsand eingemischt werden. Ein weiteres Problem könnte bei der Bewässerung auftreten, deshalb wird diese Pflanzmethode nur für sehr trockenheitsresistente Stauden empfohlen. Zudem besteht die Möglichkeit, eine unterirdische Bewässerung in Form einer Schwitzschlauchanlage. Es wäre eigentlich wünschenswert, wenn einzelne Bezirke der BLW dieses Thema aufnehmen und auf den Gemeinschaftsflächen (sofern dort Platz wäre) derartige Staudenbeete anlegen könnten.   


Variante 4 – Pflanzung in ein Fertigsubstrat.  

Wenngleich bei dieser Variante die Verunkrautung durch Samenunkräuter am größten ist, scheint diese Methode wohl am meisten verbreitet zu sein. Nach dem Erstellen der Vegetationsschicht werden die nachfolgen Arbeitsschritte empfohlen:  

  1. Planieren der Fläche, bzw. modellieren nach Wunsch.  
  2. Auslegen der Stauden.  
  3. So pflanzen, dass die Topfballen zunächst 2–3 cm über der aufgebrachten Substratschicht herausragen.  
  4. Dann Aufbringen der mineralischen Mulchschicht, womit die teilweise freiliegenden Pflanzenballen vollkommen abgedeckt werden.  
  5. Im letzten Arbeitsschritt wird angegossen.   


Positive Auswirkungen von ­mineralischen Mulcharten     

Der eine oder andere Leser mag sich verwundert die Augen reiben, wenn er von der Verwendung von Schotter, Kies und Splitt in seinen Blumenbeeten liest und unvermittelt an die inzwischen teilweise sogar verbotenen Schotterwüstengärten denkt. Solche hässlichen und für die Natur geradezu verwerflichen Flächen haben mit den mineralischen Mulch-Abdeckungen nichts gemeinsam. Zum einen werden bei der neuzeitlichen Pflanzmethode diese Schichten (also feiner Kies oder Splitt) von bodendeckenden Pflanzen innerhalb kürzester Zeit überwachsen und weisen im Gegenteil viele unterschiedliche Vorteile auf.  

  • Verringerung des Nährstoffgehalts im Pflanzboden.  
  • Verringerung der Wasserkapazität, wodurch die Pflanzen gezwungen sind, tiefer zu wurzeln. Hierdurch werden längere Trockenperioden besser überstanden.  
  • Bei niedrigem Feinkorngehalt wird die Substratdurchlüftung eindeutig gefördert.  
  • Weitgehende Freiheit von Wurzel und Samenunkräutern. Dieser Punkt ist jedoch abhängig von den vorbereitenden Bodenbearbeitungen sowie den vorgeschriebenen jährlichen Pflegegängen in der Staudenanlage.  
  • Rasches Abtrocknen der Substratoberfläche verhindert das Auflaufen (Keimen) von Samenunkräutern, verhindert allerdings auch die gewollten Keimergebnisse von bestehenden sowie gewünschten Stauden.  
  • Eine eindeutige Verbesserung der Wärmeleitung und Wärmespeicherung.  
  • Die Schicht wirkt bei Betreten der Fläche einer Bodenverdichtung entgegen.   
  • Die Substratoberfläche in Form einer mineralischen Mulchung wirkt immer sauber und ästhetisch und vermittelt immer den Eindruck eines Trockenstandorts mit einer angepassten Pflanzengemeinschaft.  
  • Derartige „Schotterbeete“ sind witterungs­unabhängig und können auch bei Regen und nassem Zustand bearbeitet werden. Pflanz- und Pflegearbeiten können jederzeit bei Wind und Wetter geplant werden.   

Es wäre eigentlich wünschenswert, wenn einzelne Bezirke der BLW dieses Thema aufnehmen und auf den Gemeinschaftsflächen (sofern dort Platz ist) derartige Staudenbeete anlegen würden. Was unter Umständen schwierig klingt, ist in Wirklichkeit sehr einfach. Man müsste nur dem Beispiel Bezirk München, UB Pasing, folgen, wo man mit relativ wenig Geld und überschaubarem Arbeitsaufwand ein wunderschönes Staudenbeet nach den Vorgaben solch einer Staudenmischbepflanzung angelegt hat. Diese Staudenmischpflanzung wurde in Wädenswiel in der Schweiz entwickelt und trägt den vielversprechenden Namen ‚Indian Sunset‘.  


Staudenmischpflanzung ‚Indian Sunset‘
Bezeichnung Anzahl Höhe Blüte
Gerüstbildner
Miscanthus sinensis ‚Graziella‘, Halbhohes Chinaschilf: früh und sicher blühend, silberweiße lockere Blütenfahnen stehen hoch über dem Laub, leuchtend orangerote Herbstfärbung 2 140–170 cm 8–10
Panicum virgatum ‚Külsenmoor‘, Blaugrüne Rutenhirse: kompakter und standfester Wuchs, Rückschnitt erst im Frühjahr  vor dem Austrieb 4 50–80 cm 8–10
Rudbeckia fulgida var Sullivantii ‚Goldsturm‘, Prächtiger Sonnenhut: Sehr beliebter, buschiger, horstiger Wuchs, große Strahlenblüten mit halbkugeliger Blütenscheibe  7 60–80 cm 8–10
Gruppenstauden
Achillea filipendulina ‚Coronation Gold‘, Schafgarbe: Ältere, kompakte, widerstandsfähige Sorte mit silbergrauem Laub  und zahlreichen, großen Dolden 6 70 cm 7–9
Buphthalmum salicifolium, Ochsenauge: anspruchslose Wiesen– und Waldsaumpflanze mit margeritenähnlichen Blüten 12 50 cm 6–9
Coreopsis verticilata ‚Grandiflora‘, Mädchenauge: dankbare, historische Rabattenpflanze mit nadelförmigen Blättern, durch kurze Ausläufer bilden sich mit der Zeit größere Bestände  8 60 cm 6–9
Echinacea purpurea ‚Alba‘, Weißer Sonnenhut: attraktive, generative, weiße Auslese mit bräunlich–grünlicher Mitte, langlebig, robust und ausdauernd  10 80–100 cm 7–9
Euphorbia polychroma Neu: Euphorbia epithymoides, Gold–Wolfsmilch: im Frühjahr weiterhin leuchtende Hochblätter, schöne halbkugelige Wuchsform und orangegelbe Herbstfärbung  8 30–40 cm 4–5
Hemerocallis Hybride ‚Chicago Apache‘, Taglilie: Großblumig, rundliche Blüten mit bewelltem Rand in dunkelstem Rot, spät blühend  4 80 cm 7–9
Pennisetum alopecuroides ‚Hameln‘, Kleines Lampenputzergras, Federborstengras 5 60–80 cm 8–10
Potentilla x cultorum ‚Gibsons’s Scarlet‘, Rotes Fingerkraut: hell–blutrot blühende, einfache Sorte mit erdbeerähnlichen unterseits silbrig behaarten Blättern und leuchtend roten Blüten 9 30–40 cm 7–8
Sedum Telephium–Hybride ‚Herbstfreude‘, Fetthenne: bewährter Klassiker, straff aufrechter Wuchs, große Blütenschirme an eiförmig–beblätterten Stielen, Fruchtstände winterzierend 10 50–70 cm 9–10
Bodendecker
Alchemilla epipsila, Zierlicher Frauenmantel: ähnelt dem bekannten weichem Frauenmantel, jedoch kompakter,  standfester und Blätter nicht behaart, sät sich weniger aus, remontierend 24 20–30 cm 6–7
Aster dumosus ‚Niobe‘, Kissen–Aster: weiß, im Abblühen zartrosa 18 30–40 cm 9–10
Chrysogonum virginianum, Goldkörbchen: dankbarer Dauerblüher mit sternförmigen Blüten und  ansprechendem Laub  19 25 cm 5–9
Geranium x cantabrigiense ‚Biokovo‘, Storchschnabel: weiße Blüten mit rosa Staubfäden, verblüht zartrosa  15 20–35 cm 5–7

Peter Hagen  

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