Auf gute Nachbarschaft!

­­Einige ältere Leser und Leserinnen können sich vielleicht noch erinnern: wenn der Nachbar uns dabei erwischte, dass wir am Sonntag im Garten arbeiteten, sagte er schon mal zu uns: „Du kommst in den Mond!“ Dieser Spruch entstand aufgrund eines Märchens, in dem Gott einen Holzträger, der den Sonntag nicht ehrte, ermahnte. Dieser tat das ab und sagte: „Ob Sonntag oder „Mondtag“, das ist doch egal!“ Da verwünschte ihn Gott, für immer der Mann im Mond zu sein.    

Auch heute können wir diesen wenig ernst gemeinten Spruch hin und wieder hören, wenn wir unseren Garten am Sonntag beackern. Da wir nun mal in Deutschland leben, ist es wohl klar, dass sich der Gesetzgeber auch dieses Thema zur Brust genommen hat. Diese typisch deutschen Vorschriften sagen uns exakt, aber auch äußerst kompliziert, was wir wann wo und wie lange dürfen: die „32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes“, das „Gesetz über Ordnungswidrigkeiten“ (§ 117 Unzulässiger Lärm) und natürlich der Bußgeldkatalog. Demnach ist normalerweise eine Beschäftigung (beruflich oder gewerblich) an Sonn- und Feiertagen nach dem Arbeitszeitgesetz tatsächlich nicht erlaubt. Auch im privaten Bereich, wenn man zum Beispiel in seinem Garten schreddert, seine Hecke schneidet oder den Rasen mäht, also nicht ganz so leise im Garten tätig ist, kann es Ärger geben, wenn man das sonn- oder feiertags bzw. werktags zwischen 20.00 Uhr am Abend und 7.00 Uhr am Morgen macht.    

Beschwert sich nämlich ein Nachbar offiziell und die Sache kommt zur Anzeige, können je nach Sachlage schon mal einige Tausend Euro fällig werden. Aber das ist ja auch verständlich: wir möchten ja auch nicht (zum Beispiel: an einem feierlichen Ostersonntag) mit der Verwandtschaft bei herrlichstem Wetter auf der Terrasse sitzen und uns nur schreiend unterhalten können, weil der liebe Nachbar seinen Rasen auf englische Verhältnisse hinunterschneiden möchte. Die gleiche österliche Situation – nur dieses Mal gräbt der Nachbar zwar schweißtreibend, aber in aller Ruhe seine Beete um, düngt sie, sät anschließend sein Gemüse, jätet unter den Sträuchern Unkraut und gießt zum Schluss seine Pflanzen in den Kübeln. Dann ist das zwar vielleicht optisch nicht so feiertäglich, aber dennoch erlaubt, weil geräuschlos. Auch wenn ein Nachbar mal an einem Sonntag tatsächlich seine fünf Quadratmeter Rasen geräuschvoll mäht, muss man nicht gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen; sprich: das Ordnungsamt oder gar die Polizei rufen. So etwas macht der Nachbar ja auch (meistens) nicht, um uns zu ärgern, sondern weil er zum Beispiel berufstätig ist und nur in seiner knapp bemessenen Freizeit seinem Garten-Hobby nachgehen kann. Freuen wir uns doch einfach, dass er zu den leider viel zu seltenen Naturfreunden gehört, die unsere Umwelt ergrünen lassen. Und falls es doch etwas länger dauert und der Lärm beginnt, unser Nervenkostüm arg zu strapazieren, können wir immer noch erst mal rübergehen, mit ihm reden und versuchen, friedlich eine Lösung zu finden. Vielleicht ist man ja selbst auch irgendwann mal genötigt, innerhalb der offiziellen Ruhezeiten die Bohrmaschine draußen zu benutzen…   

Eine etwas andere Art von Belästigung kann durch naturnahes Gärtnern entstehen, wenn man ausschließlich organisch düngt und aus diesem Grunde Pflanzenjauchen beispielsweise von Brennnesseln ansetzt. An den ersten zwei, drei Tagen duftet es noch eher wie ein Kräutertee. Doch wenn anschließend die Gärung einsetzt und wir die Masse umrühren, entstehen Gerüche, die für empfindliche oder naturferne Nasen unangenehm sein können. Deshalb sollte man aus Rücksicht auf die Mitmenschen, diese Pflanzenjauchebehälter mit einem Deckel versehen oder so weit wie möglich vom Nachbarn entfernt platzieren. Die spätere Verwendung solch einer Flüssigkeit ist dagegen nicht so sehr mit Geruchsimmissionen verbunden, da die Jauche lediglich im Verhältnis 1:10 verdünnt ausgebracht wird.    

Wir Gartenfreunde haben ja zum Glück immer mal wieder die Möglichkeit, für eine Belästigung der Ohren oder Nasen dem Nachbarn eine kleine, handfeste Entschuldigung zukommen zu lassen und damit für eine gute Nachbarschaft zu sorgen. So können wir zum Beispiel überschüssiges Gemüse (Zucchini, Tomaten, Gurken etc.), außergewöhnliche Marmeladenkreationen oder farbenfrohe Blumensträuße zum Ausgleich von kleinen Unannehmlichkeiten eben nach Nebenan bringen. Schließlich ist eine funktionierende Nachbarschaft nicht nur in der Urlaubszeit äußerst wertvoll… Zwar soll sogar der Frömmste, wenn man dem Volksmund glauben darf, nicht in Frieden leben können, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Aber man kann ja dran arbeiten…                  

Manfred Kotters

 
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