Wenn der Wein blüht,…

…muss man schneiden    

Gegen Mitte bis Ende Juni blühen Weinstöcke sowohl in professionellen Weinbergen als auch im privaten Bereich. Dabei geht es nicht so prächtig zu wie bei Apfel, Birne oder anderen Obstarten, sondern eher im Geheimen, denn Weinblüten sind unscheinbar, klein, sitzen in rispenförmigen Büscheln oder Döldchen zusammen und bilden so genannte Gescheine. Die einzelne Blüte besteht aus je einem napfförmigen Kelch, fünf unauffällig gelbgrün gefärbten Blumenblättern, fünf Staubgefäßen und einem flaschenförmigen Stempel, an dessen Grund sich fünf Nektardrüsen befinden. Im Knospenzustand umschließen die Blumenblätter die übrigen Blütenteile kuppelförmig komplett. Im Blühverlauf lösen sie sich nicht wie üblich einzeln unten am Kelch, sondern werden von den wachsenden und sich abspreizenden Staubgefäßen insgesamt hochgehoben, so dass sie eine Haube bilden. Nach Abfall dieser Haube als Ganzes stehen die Staubgefäße völlig frei, mittendrin Stempel mit Narben. Bestäuber der zwittrigen Blüten ist hauptsächlich Wind, verschiedene Insekten beteiligen sich. Weinblüten sind selbstfruchtbar. Man braucht deswegen keine Bestäubersorte.    

Die Sprosse von Kulturreben sind als so genannte Lotten Langtriebe und als Geize Kurztriebe. An den Trieben sitzt jedem Blatt entweder eine Ranke oder ein Blütenstand gegenüber. Junge Triebe, die im laufenden Jahr die Trauben liefern, bilden zunächst nur mit schwachen Ranken besetzte Knoten, dann ein oder zwei Blütenstände, danach einen leeren Knoten und eventuell noch zwei weitere Blütenstände. Folgt auf einen Blütenansatz eine Ranke, werden keine Blütenstände mehr gebildet.   

Die Aufgabe des Weinstockbesitzers besteht darin, den starken Wuchs eines Weinstockes so zu bremsen, dass genügend Fruchtansätze ausreichend ernährt werden. Deswegen kann man einen Weinstock nicht einfach wachsen lassen. Die Zahl der Gescheine wird begrenzt, der betreffende Trieb etwa 14 Tage nach der Blüte 3–4 Blätter über dem obersten Geschein gekappt, nicht zu knapp über dem letzten Blatt, damit ein kleiner Zapfen bleibt, der das Austrocknen des Triebes im Sommer verhindert. Kräftige Weinstöcke bilden meist mehrere Gescheine je Trieb. Man sollte aber mehr auf Qualität als auf Masse schauen und eher nur ein Geschein als zwei oder gar drei lassen. Dieser Schnitt zur rechten Zeit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass eine Weinpflanze wirklich schöne Trauben mit guten Beeren trägt und nicht einfach herumwuchert. Im Verlauf des Sommers muss außerdem öfters entgeizt werden.     

Ilse Jaehner

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