Eichenprozessionsspinner (EPS)

Gefahr nahe Kleingärten und in Stadtparks nicht unterschätzen!

Gegeben hat’s diesen Schmetterling schon lange Zeit – aber nicht bei uns. Vor ungefähr 15–20 Jahren gab es in meiner Gegend, also am Niederrhein, den ersten Befall mit dem Eichenprozessionsspinner (EPS). In den Medien hatten wir davon gehört und fanden dann tatsächlich auch Nester in unserer Eiche. Immer wieder wurde darauf hingewiesen, wie gefährlich er doch sei – insbesondere die Härchen der Raupe. Ich hab’s gelesen und gehört, doch geglaubt? Nee, nicht so wirklich. Immer nach dem Motto: „Mein Gott, was übertreiben die mal wieder!“ bin ich sogleich zur Beseitigung in Eigenregie übergegangen und, bewaffnet mit einem Propanbrenner, in die Eiche geklettert. Da die Raupen sich tagsüber zusammenrotten und in einem Gespinst verstecken, kam ich auf die glorreiche Idee, dieses Gespinst mit dem Brenner abzufackeln, auf dass nur noch die ungeschützten Raupen an der Rinde kleben bleiben würden, die ich dann leicht vernichten könnte. Soweit die Theorie! Die Praxis sah jedoch anders aus: die Propanflamme zerstörte zwar die Gespinstfäden im Handumdrehen, die Raupen blieben aber nicht ungeschützt zurück, sondern rieselten nach unten. Dort angekommen formierten sie sich umgehend, um als Prozession wieder zu ihrem früheren Stammplatz zurückzukehren. Um das zu verhindern, musste ich nun schleunigst wieder vom Baum herunterklettern.    

Meine ganze Aktion hatte ich natürlich ohne Schutzkleidung, ohne Handschuhe, ohne Schutzbrille und ohne Atemschutz durchgeführt. Die verdiente Quittung bekam ich im wahrsten Sinne des Wortes hautnah zu spüren: rote Pusteln im Nacken, an den Beinen und Armen. Tagelang und ununterbrochen quälte mich starker Juckreiz. Nach zwei Tagen habe ich mir Cortisonsalbe aus der Apotheke geholt, um das Jucken zu mindern und endlich wieder durchschlafen zu können.    

Durch diesen Schaden bin ich zwar klüger – aber noch nicht klug genug geworden. Als ich im nächsten Jahr nämlich wieder Nester an der Eiche entdeckte, habe ich mal „logisch“ nachgedacht. Oder besser gesagt: für mich (alleine) war es logisch. Da ja nicht die Raupe an sich, sondern lediglich die vielen Härchen an ihrem Körper die Gefahrenquelle für mich darstellten, wäre es doch das einfachste, die Nester mit einem starken Wasserstrahl abzuspritzen. Das Wasser würde ja die Härchen aufweichen und somit die Gefahr ausschalten. Dadurch müsste ich nicht nahe am Geschehen sein und könnte so die Nester „gefahrlos“ beseitigen. Wie schon beim ersten Versuch: die Theorie!   

Die Praxis sah erst einmal gut aus: mit ordentlich Wasserdruck lös­ten sich die Gespinste tatsächlich so peu á peu ab. Natürlich bekam ich einige Spritzer ab, aber das machte (laut meiner Logik) ja nichts, da die Härchen durch die Flüssigkeit geschmeidig geworden sein sollten. Um trotzdem sicher zu gehen, habe ich ausgiebig geduscht: Aktion erledigt – nix passiert!    

Aus dem Grunde habe ich den EPS auch nicht als Ursache angenommen, als in der Nacht rote Pusteln auf den Armen (zuerst) vereinzelt auftraten. Da ich zuvor Mückengesumm wahrgenommen hatte, verdächtigte ich diese Plagegeister als Täter. Doch die sonst so wirkungsvolle Behandlung mit punktueller Wärme auf der Pustel brachte keine Erleichterung. Gegen drei Uhr in der Nacht wurde das Jucken immer penetranter. Also stieg ich aus dem Bett, um im Internet nach den möglichen Ursachen zu forschen. Jetzt vermutete ich Bettwanzen als die Übeltäter. Eine schreckliche Vorstellung! Doch plötzlich dämmerte es mir: vielleicht war meine EPS-Aktion doch nicht ohne Folgen geblieben, vielleicht wurden die Härchen doch nicht durch Wasser weich und vielleicht sollte ich solche Aktionen doch lieber richtigen Fachleuten überlassen!     

In den folgenden Jahren beauftragte ich eine Fachfirma mit der Bekämpfung der Raupen, da ich aus dem Schaden doch tatsächlich klug geworden war. Natürlich ist solch eine Aktion nicht billig, aber die Firma beseitigte alte Nester, die ebenfalls mit den Härchen kontaminiert sind, sprühte ein bienenungefährliches Mittel und sorgte insgesamt für eine raupenfreie Eiche. Als ich nun sah, welche umfangreichen Sicherungsvorkehrungen getroffen wurden, bevor der Hubwagen den Mitarbeiter in den Baum hievte, wurde mir sehr rasch bewusst, wie leichtsinnig und ausgesprochen blöd ich gewesen war. Schließlich sind die Hautpusteln noch die angenehmeren Begleiterscheinungen; wesentlich gravierender wäre das Einatmen der gefährlichen Härchen gewesen. Sie hätten sich irgendwo im Atmungssystem festgesetzt und dort für Folgen sorgen können, die ich mir lieber nicht vorstellen möchte.     

Jetzt – leider zu spät – wurde mir sehr klar, dass ich die Warnungen doch hätte ernst nehmen müssen – wer nicht hören kann, muss fühlen!    

Fakten & Tipps zum EPS: 

(Thaumetopoea processionea)

  • Gesundheitsgefährdung: Brennhaare können durch Luftzug leicht in die Schleimhaut /Haut eindringen und sich dort mit kleinen Häkchen festsetzen. Es kann bei Kontakt zu Augenreizungen Hautirritationen (Rötung oder Juckreiz), Atembeschwerden und allergischen Reaktionen kommen.
  • Gefährungszeitraum: Mai–Juli
  • Maßnahmen bei Kontaktreaktion: Bei Ausschlag mit kaltem Wasser oder Umschlägen kühlen oder auch ein Gel mit Aloe Vera oder Menthol auftragen. Bei stärkeren Beschwerden kommen Cortison-Creme und Antihistaminika angewandt. Schlimmeres bedarf eines ärztlichen Rats oder gar Behandlung.
  • Maßnahmen bei Sichtung im eigenen Garten: Raupen und Gespinste nicht berühren. Das betroffene Gebiet/den Baum großräumig absperren. Zur Bekämpfung qualifizierte Profis beauftragen und das Ordnungsamt Ihrer Kommune über den Befall informieren.
  • Natürliche Feinde: Wanzen, Schlupfwespen, Raupenfliegen, Kuckuck, Wiede­hopf, Pirol, Blaumeise und räuberische Käfer, z.B. Puppenräuber sowie Fledermäuse, welche die aus­gewachsenen Falter fressen.

Manfred Kotters

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