Eine Frucht, die schwer einzuordnen ist – Die Japanische Wollmispel (Eriobotrya japonica)

In den Fruchtregalen der Kaufhäuser oder beim Händler auf dem Markt begegnet man häufig von Anfang Mai bis etwa Mitte Juni aprikosenfarbenen Früchten, die in der Größe an große Pflaumen und in der Form an einseitig abgestumpfte Eier erinnern. Man könnte sie auch für kleinfrüchtige Birnen-Quitten halten. Je nach Herkunftsgebiet werden sie als ‘Nísperos’, ‘Nespoli’, ‘Loquat’ oder einfach als Japanische Mispeln verkauft. Hierbei handelt es sich um die Früchte der Wollmispel, gelegentlich auch Japanische Wollmispel, Eriobotrya japonica, einem aus dem ostasiatischen Raum stammenden Strauch oder kleinen Baum, der botanisch zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae) gehört, und somit nahe verwandt ist mit Apfel, Birne und Quitte. Die Anbaugebiete der Wollmispel in Europa liegen schwerpunktmäßig im Mittelmeergebiet. Hauptlieferanten der Früchte sind Spanien, Italien und die Türkei. Geschmacklich lässt sich die Frucht nur schwer einordnen. Das Fruchtfleisch ist von der Kons­istenz dem Pfirsich recht ähnlich, jedoch nicht so saftreich und süß, sondern eher angenehm herb. Die Wollmispel wird in der Regel frisch aus der Hand gegessen, lässt sich aber auch zu Marmelade und Konserven verarbeiten.
Im Innern der Frucht befinden sich zwischen einem und fünf dunkelbraune Kerne, die von einem etwas schleimigen Häutchen umgeben sind. Die Kerne sollen auch essbar sein und ähnlich wie Mandeln schmecken. Mir war dies bisher nicht bekannt geworden, doch will ich bei Gelegenheit einen Versuch wagen. Geröstet und gemahlen sollen sie auch einen Ersatz für Kaffee ergeben, eine weitere Verwendungsmöglichkeit, die experimentell in Erwägung gezogen werden sollte.
Hinsichtlich der Inhaltstoffe zeichnet sich die Wollmispel vor allem durch hohe Mineralstoffgehalte, und hier besonders Kalium, aus. Weitere Information entnehmen Sie der angefügten Tabelle. Der Verzehr der Frucht gestaltet sich recht einfach, da sich die Schale leicht vom Stielansatz zum Kelch hin abziehen lässt. Nach sorgfältigem Waschen dürfte jedoch auch einem Verzehr mit Schale nichts entgegenstehen.
Es gibt eine Vielzahl von Sorten, die aber nur im Anbau von Bedeutung sind und sich im Wesentlichen durch den Reife- und Erntezeitpunkt unterscheiden. Die Wollmispel liefert jedoch nicht nur schmackhafte Früchte, sie ist gleichzeitig auch eine dekorative und anspruchslose Kübelpflanze, die leicht aus den in den Früchten zahlreich vorhandenen Samen zu vermehren ist.    


Anzucht und Pflege als Kübelpflanze     

Im Folgenden soll etwas näher auf die Anzucht eingegangen werden. Sind die Früchte verzehrt und die Samen entnommen, lässt man sie zunächst einige Zeit (ein bis zwei Tage) trocknen. Danach lässt sich die braune Samenschale entfernen, und dabei wird auch der Vegetationspunkt sichtbar. Gelegentlich ist die Samenschale auch schon offen, und dann ist die Weiterbehandlung noch wesentlich einfacher. Mit den geschälten Samen lässt sich ähnlich verfahren wie mit Avocado-Kernen. Entweder man steckt sie zur Hälfte in ein geeignetes käufliches Aussaatsubstrat, oder aber man verfolgt die Keimung in einem entsprechend kleinen, transparenten Gefäß. Auch hier ist darauf zu achten, dass der Same nur etwa zur Hälfte im Wasser steht. So vorbereitet, erfolgt die Keimung innerhalb von 2–4 Wochen. Die Keimfähigkeit der Samen ist begrenzt, daher wird von einem Aufbewahren derselben abgeraten. Ein Dunkelwerden der Samen deutet auf einen Verlust der Keimfähigkeit hin. Die jungen Pflanzen entwickeln sich rasch und können schon nach kurzer Zeit einzeln in kleine Töpfe gepflanzt werden. Hier darf es dann eine Topferde und später dann auch eine Kübelpflanzenerde sein. Zur Verbesserung des Wasserabzuges und der Durchlüftung des Substrates empfehlen wir die Beimischung von Perlite oder grobem Sand (4 Teile Substrat und 1 Teil Perlite oder grober Sand). Perlite hat den Vorteil, steril zu sein und wenig zu wiegen, wobei Sand je nach Herkunft vor Verwendung gewaschen oder besser gedämpft werden sollte. Sand hat den Vorteil, dass dadurch die Standfestigkeit des Topfes oder Kübels erhöht wird. Die Blätter erinnern in der Form und Größe etwas an die einer Esskastanie, sind aber in der Konsistenz etwas fester und zusätzlich auf Ober- und Unterseite wollig behaart, was in der botanischen und deutschen Bezeichnung Niederschlag gefunden hat. Die Wollmispel wird im Jugendstadium nicht geschnitten. Nach einem gewissen Alter und bei einer gewissen Wuchshöhe setzt eine Verzweigung von selbst ein. Gedüngt wird während der Wachstumzeit mit einem ausgewogenen Volldünger, der in flüssiger Form wöchentlich dem Gießwasser zugegeben werden kann.      

Die Wollmispel ist eine pflegeleichte Kübel- und dekorative Blattpflanze. In milden Gegenden (Weinbaugebieten) kann durchaus eine ganzjährige Kultur auch im Freien gewagt werden. Da die Anzucht aus Samen einfach ist, und die Pflanzen auch recht schnell eine gewisse Größe erreichen, kann auch ein Auspflanzen einiger Sträucher an geschützter Stelle im Garten erfolgen. Wir kennen Exemplare, die längere Frostperioden mit Temperaturen bis -12ºC schadlos überstanden haben. Einen Versuch ist es wert. Im Winter sollten die Sträucher gut eingepackt werden. Hier sollte ein transparentes Material zum Einsatz kommen, da das Laub der Wollmispel immergrün ist und eine Photosynthese auch im Winter stattfindet. Als Zwischenlösung ist auch ein Einsenken des Kübels im Garten von Mitte Mai bis Mitte Oktober denkbar. Bei guter Pflege kann durchaus nach einigen Jahren auch mit Fruchtbehang gerechnet werden. Hierzu sollte hell und bei einer Temperatur von etwa 15ºC überwintert werden. Die Blütezeit fällt in die kühle Jahreszeit, etwa ab Ende November, und für eine erfolgreiche Bestäubung sollte mit einem Pinsel etwas nachgeholfen werden. Die Früchte sind im Vergleich zur käuflichen Ware wesentlich kleiner, geschmacklich können sie aber mit den Verwandten aus dem Supermarkt durchaus mithalten. Dem experimentierfreudigen Gartenfreund kann auch eine Veredlung empfohlen werden. Als Unterlagen haben sich Quitte, Weißdorn oder auch die Wollmispel selbst bewährt. Schwierig könnte es beim Beschaffen des Veredlungsmaterials werden. Vielleicht kommen Freunde oder Verwandte im Urlaub an einem Anbaugebiet vorbei, Spanien-Reisende werden bestimmt in der Gegend um Alicante fündig. Als Methoden sind die Chip-Veredlung oder auch ein Okulieren hinter die Rinde gebräuchlich.      


Krankheiten und Schädlinge     

Die Wollmispel wird nur selten von Krankheiten und Schädlingen heimgesucht. Bei sehr feuchter Witterung kann ein dem Apfelschorf verwandter Pilz Schäden an Blättern und bei starkem Befall auch an Zweigen hervorrufen. Ein Befeuchten der Blätter sollte daher unterbleiben. Hinsichtlich Schädlingen sind bisher nur Blasenfüße (Thripse) und Blattläuse negativ aufgefallen. Gegen erstere sind bei Feststellung von Befall mehrere Anwendungen von Präparaten auf Niem-Basis angezeigt, da die Larven über einen längeren Zeitraum schlüpfen und durch eine einmalige Behandlung nicht vollständig erfasst werden. Die gelegentlich auftretenden Blattläuse können mit einem scharfen Wasserstrahl entfernt werden.    

Thomas Bay


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