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Die Sommerfütterung von Vögeln ist selbst unter erfahrenen Ornitholog*innen ein diskutiertes Thema. Ob negative oder positive Effekte überwiegen, ist bisher nicht abschließend geklärt. Der NABU erklärt, worauf zu achten ist und dabei trotzdem möglichst viel Freude an der Vogelfütterung zu haben.
Während die Vogelfütterung im Winter weitgehend akzeptierte Praxis ist, gibt es um die Fütterung von Vögeln zur Brutzeit und im Sommer heiße Diskussionen. Klar ist, dass echter Vogelschutz vor allem dafür sorgen muss, dass Vögel in unseren Gärten in allen Aspekten gute Lebensbedingungen vorfinden: geeignete Nistplätze, Verstecke und natürliche Nahrungsquellen, die gleichzeitig einer Vielzahl anderer Arten wie Insekten, Würmern, Igeln und Co. Heimat bieten. Wollte man Vogelbestände allein durch Zufütterung auf hohem Niveau erhalten, käme das einer Freiluft-Zoohaltung gleich, die nur noch wenig mit der Qualität der Natur in unseren Gärten zu tun hätte.
Unbestritten ist aber auch, dass sich sommerliche Futterstellen bei Vögeln großer Beliebtheit erfreuen. Sie sind oft sogar besser besucht als im Winter, was vor allem daran liegt, dass nach der Brutzeit mit den vielen Jungvögeln einfach wesentlich mehr Vögel bei uns leben als im Winter. Die Freude an der Vogelfütterung und der damit einhergehende besondere Naturerlebnis- und Umweltbildungseffekt, sind im Sommer die gleichen wie im Winter. Sie sind der Grund, warum der NABU die Vogelfütterung allen Menschen empfiehlt, die Spaß daran haben.
Die Vogelfütterung sowohl im Winter als auch im Sommer hat positive und negative Auswirkungen. Es ist bisher schwer zu sagen, welche davon überwiegen. Eine pauschale Antwort ist auch deshalb schwierig, weil sich das Ergebnis sicherlich von Art zu Art unterscheidet: Es gibt mutmaßliche Profiteure, aber auch Arten, deren Bestände eher leiden.
Zusätzliches Futterangebot im Sommer kann die Nahrungsversorgung der Altvögel erleichtern, auch wenn es sich um ähnliches Körnerfutter wie im Winter handelt. Die möglicherweise knappe Insektenbeute können sie dann vor allem an ihre Jungen verfüttern. Auch gerade flügge Jungvögel schätzen das Fast-Food-Angebot und haben dadurch in dieser kritischen Lebensphase höhere Überlebenschancen als ohne Zufütterung.
Leider zeigen neuere Studien vermehrt, dass fettreiches Futter im Winter und Frühjahr die Fruchtbarkeit von Vögeln reduziert. Der Anteil tauber Eier steigt, so dass weniger Junge schlüpfen. Dies kann nicht immer durch eine dank Zufütterung höhere Überlebensrate dieser Jungen ausgeglichen werden.
Außerdem kommt es leider auch vor, dass Vogeleltern Körnerfutter nicht nur für sich selbst verwenden, sondern auch an ihre Jungen verfüttern. Die brauchen aber, mit ganz wenigen Ausnahmen wie Tauben oder Gimpel, in dieser Zeit vor allem proteinreiches Insektenfutter. Nachweislich haben in vielen Fällen auch größere Samen (Sonnenblumenkerne) oder Nüsse und Nussbruchstücke zu tödlichen Magen- und Darmverschlüssen bei Jungvögeln geführt.
Ein bei der Sommerfütterung erhöhtes Risiko für Vögel besteht auch in der Verbreitung von ansteckenden Krankheiten. Während im Winter an den Futterstellen nur wenige Krankheiten wie Salmonellen oder Vogelpocken übertragen werden, kommen in der wärmeren Jahreszeit mehrere weitere hinzu: das Bakterium Suttonella ornithocola, das 2020 zu einem ersten großen Blaumeisensterben geführt hatte oder die Trichomoniasis, die seit 2009 auffällige Grünfinkensterben auslöst und wohl hauptsächlich für den rasanten Bestandsrückgang dieser Art verantwortlich ist.
Nicht zuletzt verschiebt eine vor allem aus vegetarischem Futter bestehende Sommerfütterung die Konkurrenzverhältnisse unter unseren Vogelarten noch weiter zugunsten unserer Standvögel und zu Lasten der stärker gefährdeten Zugvögel, die meist reine Insektenfresser sind. Höhere Dichten von höhlenbrütenden Meisen; Sperlingen und Kleibern machen es zum Beispiel für den erst Mitte April zurückkehrenden Trauerschnäpper immer schwerer noch unbesetzte Höhlen oder Nistkästen für seine eigene Brut zu finden.
Die grundsätzlichen Hinweise des NABU zur Vogelfütterung sind sowohl im Winter als auch im Sommer zu beachten. Die entsprechenden Tipps zur Vogelfütterung finden Sie im Internet auf der Webseite des NABU: www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/helfen/vogelfuetterung
Im Sommer sind jedoch zusätzliche Regeln zu wichtig: Verhindern Sie, dass Altvögel ungeeignete Nahrung an ihre Jungen verfüttern. Bieten Sie daher zur Jungenfütterungszeit von April bis Juli kein Fettfutter und keine großen fettreichen Samen oder Nussbruchstücke an. Dies schließt auch Sonnenblumenkerne aus. Sowohl das Fett als auch die Größe der Samen können den Jungen schaden. Auch getrocknete Insekten, zum Beispiel Mehlwürmer, in größeren Mengen sind nicht gut für die Jungen, da sie durch ihren höheren Salz- und fehlenden Wassergehalt schwer zu verdauen sind.
Bieten Sie daher am besten lebende, frischtote oder wiederaufgetaute gefrorene Insekten (wiederum z.B. Mehlwürmer) an. Beschränken Sie sich beim Körnerfutter auf kleine fettarme Samen, wie sie auch in der Natur zu dieser Jahreszeit vorherrschen. Dazu zählen beispielsweise Samen von Brennnesseln oder Hirtentäschel, von Birken oder von verschiedenen Gräsern. Ebenfalls geeignet sind die Samen von Klee, Nachtkerzen, Sauerampfer, Schafgarbe, Vogelmiere, Wiesenknopf, Wicken und Wegerichen. Im Handel finden Sie diese Art von Vogelfutter meist unter dem Namen „Waldvogelfutter“, wie es auch für die Zucht von Kanarienvögeln, Zeisigen oder Stieglitzen verwendet wird.
Achtung!
Bei Fütterung oder Anbieten von Trink- und Badewasser im Sommer besteht die Gefahr der Infektion der Vögel mit Krankheitserregern wie Trichomonaden, die in größerer Zahl insbesondere Grünfinken befallen können. Auch die Verbreitung des aktuell wieder verbreiteten Bakterium Suttonella ornithocola unter Blaumeisen wird an Wasser- und Futterstellen begünstigt. Sobald eine dieser Erkrankungen auffällt, helfen auch Hygienemaßnahmen wenig. Stellen Sie daher die Sommerfütterungen sofort bis zum nächsten Winter ein, sollten Sie kranke oder tote Vögel vorfinden.
Gerade zur Brutzeit ist es besonders schwierig, durch Zufütterung einen Ersatz für mangelnde natürliche Nahrung zu bieten. Sehen Sie Ihre Sommerfütterung daher immer nur als das I-Tüpfelchen für Ihre entscheidend wichtigen Bemühungen an, den Vögeln möglichst gute natürliche Brut- und Nahrungsbedingungen in Ihrem Garten zu bieten. Denken Sie dabei auch an zusätzliche Hilfen für unsere gefährdeten Zugvögel, die reine Insektenfresser sind.
NABU