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Eine Laune der Natur – Wie die Streifenkirsche entstand. Der Obstbauer Gerhard Och führt, wie schon sein Vater und bald sein Sohn, einen kleinen Obstbaubetrieb im fränkischen Pfarrweisach. Hinter dem schön erhaltenen Fachwerkhaus stehen einige hundert Bäume der Süßkirschensorte ‚Regina‘. Sie zählt zu den weltweit besten Sorten, weil ihre spät reifenden Früchte groß, fest, knackig, aromatisch und wunderbar süß sind – sie ist, kurzum, der Inbegriff einer schmackhaften Kirsche und auch deswegen in Franken weit verbreitet.
Zur Erntezeit hilft die ganze Familie beim Pflücken der Früchte. Eines Tages fiel Gerhard Och auf, dass auf einem Zweig eines ‚Regina‘-Baums Früchte hingen, die heller waren als die anderen – und entlang der Bauchnaht einen fast schwarzen Streifen trugen. So etwas hatte er noch nie gesehen. Er hatte eine so genannte Mutation entdeckt. Das ist eine natürlicherweise vorkommende, spontane Änderung im Erbgut eines Lebewesens. Mutationen sind eine der Triebfedern der Evolution des Lebens auf der Erde. Durch sie entstehen zufällig und ungerichtete, neue Ausprägungsformen von Pflanzen und Tieren.
Manchmal sind diese Mutationen nicht stabil, und die mutierte Eigenschaft hält sich nicht lange. Das galt es bei der Streifenkirsche zu prüfen.
Dass genau Gerhard Och unter den Millionen ‚Regina‘-Bäumen, die es weltweit gibt, diese Mutation fand, ist ein großer Zufall. Aber das Glück ist bekanntlich den Tüchtigen hold. Und zudem hatte er ein waches Auge – anderen Bauern wäre das kleine Zweiglein mit den besonderen Früchten mitunter gar nicht aufgefallen.
Gerhard Och nahm Kontakt zu Michael Neumüller vom Bayerischen Obstzentrum auf. Auch dort war man von seiner Entdeckung hellauf begeistert, und nach einer weiteren strengen Prüfung über fünf Jahre, dem Aufbau von virusfreiem Vermehrungsmaterial und der Anmeldung zum Sortenschutz (BayOZ-R-GO) wurden 2020 die ersten Bäume abgegeben. Das Bayerischen Obstzentrum ist froh, dass Herrn Och ein Herzenswunsch erfüllt werden konnte: Die neue Süßkirschensorte erhielt den Namen ,Natalie®‛ – den auch seine geschätzte Enkelin trägt.
Der Baum von ,Natalie®‛ wächst wie der von ‚Regina‘, nur die Frucht sieht anders aus. Sie ist ein Blickfang für jeden Garten. Als Befruchtersorten empfehlen sich ‚Sylvia‘ oder ‚Kordia‘. Die Früchte reifen spät (Mitte bis Ende Juli), sie sind sehr groß, festfleischig und mild-aromatisch. Das Fruchtfleisch ist gelb, nur unter dem schwarzen Strich ist es dunkelrot bis zum Stein. Eine echte Laune der Natur, über die man nur staunen kann.
Bayerisches Obstzentrum, Dr. Michael Neumüller
Am Süßbach 1 | 85399 Hallbergmoos | www.obstzentrum.de | info@obstzentrum.de