Was mich der Neuseeländer Spinat lehrte

Der Buchweizen ist nicht mit dem Weizen verwandt, genauso wie die giftige Tollkirsche nichts mit der Familie der Kirschen zu tun hat. Es sind zwar irreführende Namen, aber sie haben sich im Laufe der Geschichte aus den unterschiedlichsten Gründen entwickelt. Etwas anders ist es beim Neuseeländer Spinat, der tatsächlich in Neuseeland und Australien heimisch ist und auch wie „richtiger“ Spinat zubereitet werden kann. Verwandt sind sie allerdings trotzdem nicht. Während der Spinat zu den Gänsefußgewächsen gehört, ist der Neuseeländische in der Familie der Eisblumengewächse zu Hause. So viel zu den „technischen Daten“ der Pflanze.  

Jetzt aber zu der Geschichte, wie mich der Neuseeländische Spinat zum Staunen brachte. Mit ihm habe ich nämlich im eigenen Garten erlebt, dass die Praxis manchmal wesentlich anders aussieht, als es in der Theorie hätte sein sollen. 

Ich begann mit der Kultur am 15. März, indem ich die großen, harten Samen ins Wasser zum Einweichen legte. Am darauffolgenden Tag säte ich sie in Töpfe und stellte diese, wie in der Beschreibung gefordert, frostsicher unter. Die ersten Blättchen zeigten sich Anfang April und am 8. Mai konnte ich die Jungpflanzen, da kein Frost mehr in Sicht war, ins Beet setzen. Zuerst wuchsen sie zögerlich, doch dann ging’s los: die Ranken eroberten das Beet und die erste Ernte konnte ich am 14. Juni in die Küche bringen. Ab dem Zeitpunkt hätte ich in regelmäßigen Abständen die Triebspitzen und die recht jungen Blätter ernten können. „Hätte“ – denn irgendwann war es auch mal gut mit Spinat essen. Für Liebhaber dieses Gemüses allerdings wäre es in wahrsten Sinn des Wortes ein gefundenes Fressen gewesen; denn erstens kann lange Zeit geerntet werden und zweitens hält der Neuseeländer Spinat geschmacklich, was der Name „Spinat“ verspricht. Da er nun aber nicht mehr beschnitten wurde, eroberte er rasch das komplette Beet und er scheute sich auch nicht, die Nachbarbeete zu begrünen. Weil er durch seine Wuchsfreudigkeit auch die ungewollten Wildkräuter in Schach hielt, ließ ich ihn gewähren. Auch dass seine kleinen Blüten mit der Zeit Samen hervorbrachten, nahm ich mit einem Achselzucken zur Kenntnis: der Neuseeländer Spinat war ja nicht frostfest – was konnte da schon passieren?! Dachte ich. 

Nach den ersten kalten Tagen harkte ich die erfrorenen Ranken und Blätter vom Beet und bemerkte dabei die vielen Samenkörner, denen der Winter das Leben ganz bestimmt aushauchen würde. Dachte ich. 

Im nächsten Frühjahr säte ich nach dem Grubbern des Beetes an der Stelle Rote Bete. Nach einiger Zeit wunderte ich mich über keimende Pflanzen, die mir auf dem ersten Blick nicht bekannt vorkamen. Doch dann stutzte ich: das gesamte Beet zeigte diese Keimlinge. Sie kamen aus, wie Haare auf dem Hund. Es waren die Samen vom Neuseeländer Spinat, die dem (zugegeben wenig frostigen) Winter getrotzt hatten. Die Roten Bete konnte ich natürlich vergessen, sie gingen bei dem dominanten, ungewollten Bewuchs kläglich unter.  

Im darauffolgenden Jahr pflanzte ich sicherheitshalber Kartoffeln – zum Glück, denn einige versprengte Spinatsamen zeigten sich trotz zweitem Winter.  

Deshalb mein Tipp: Bei unseren mittlerweile immer milderen Wintern sollte man beim Anbau des Neuseeländer Spinats stets auch das Folgejahr im Blick haben – es sollen nur große Pflanzen in Frage kommen, bei denen man die Restfläche problemlos bewuchsfrei halten kann; denn es besteht die Möglichkeit, dass dort leckere Einwanderer aus Neuseeland wachsen wollen. Passend wären neben den Kartoffeln, Zucchini, Gurken oder Kohlpflanzen – sie sind zudem allesamt nicht mit dem Neuseeländer Spinat verwandt.  

Manfred Kotters 

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