Nüsse knacken – gewusst wie!

Die Natur ist sehr einfallsreich, wenn es um die Fortpflanzung geht. Der Löwenzahn schickt seine Samen an kleinen Fallschirmen in die Welt, die Veilchen hängen ein kleines Fresspaket daran, damit die Ameisen ihn mitnehmen und viele Beerenfrüchte machen eine Flugreise im Darm eines Vogels, um dann unsanft aber mit einer Startdüngung weit weg von der Mutterpflanze zu landen, um dort ein neues Leben zu starten. Auch die Vergesslichkeit spielt bei der Verbreitung der Samen oftmals eine entscheidende Rolle:  Eichhörnchen vergraben im Herbst viele Nüsse, um sie in der kalten Jahreszeit als Wintermahlzeit wieder hervorzuholen – wenn sie denn wiedergefunden werden. Wenn nicht, hat der Samen die ursprünglich vorgesehene Möglichkeit, zu einem Baum oder Strauch heranzuwachsen. Doch bevor das Eichhörnchen seine gesamte Ernte vergräbt, genießt es etliche der köstlichen Nüsse, um den spontanen Hunger zu stillen. Dazu benutzt es seine scharfen Zähne. Diese kommen problemlos durch die Schalen von Walnuss und Co. Unsere menschlichen Zähne dagegen kommen erst ins Spiel, wenn es an den Verzehr des Inneren geht. Doch an diesen muss man erst mal rankommen.  

Für diesen Fall hat die Natur es so eingerichtet, dass wir Menschen mit einem so cleveren Gehirn ausgestattet sind, dass wir Werkzeug herstellen und benutzen können, wenn die Grundausstattung des Körpers nicht ausreicht, um gewisse Herausforderungen zu bewältigen. Wie zum Beispiel die Eroberung des Fleisches einer Kokosnuss: wenn man nicht gerade im zweiten Stock wohnt und die Schwerkraft in Zusammenarbeit mit dem Bürgersteig die harte Schale knackt, kommt man um die Macht eines Hammers – manche nehmen sogar eine Säge – nicht herum. Manchmal reichen allerdings die reine Körperkraft und sogar ein dazu vorgesehenes Werkzeug nicht aus, um an Nuss- und Mandelkern zu gelangen. So mancher Nussknacker lässt es lieber zu, dass seine Hebelarme sich verbiegen, als dass er es uns ermöglicht, an das leckere Innere zu gelangen. Dann muss man eben stärkere Geschütze auffahren. Sie mit den Schuhsohlen zu zertreten oder mit einem Hammer zu zerkleinern, macht vielleicht Spaß aber auch zusätzliche Arbeit, wenn nach dieser Prozedur Kehrblech und Besen für Ordnung sorgen und daneben die winzigen Nuss- und Schalenstückchen voneinander getrennt werden müssen; denn es macht wenig Spaß, wenn die Zähne immer wieder auf steinharte Teile treffen. Eine andere Gewalteinwirkung sagt mir persönlich schon mehr zu: absolut jede Nuss, aber insbesondere die harten Schalen von Mandeln, geben nach Sekunden auf, wenn man in die Werkstatt geht und sie in einen Schraubstock spannt. Aber aufgepasst: nicht die Finger quetschen! Da die Kraft des Schraubstocks sich zudem in der entstehenden Spannung der Nussschale wiederfindet, muss ich immer aufpassen, wenn nach Überschreiten des Knackpunktes diese Spannung sich ruckartig entlädt und Teile der Schale umherfliegen wollen. Es reicht dabei schon, wenn ich mit der einen Hand den Schraubstock bedächtig betätige und die andere Hand schützend über die Nuss lege. In mir entsteht dabei jedes Mal ein wohliges Gefühl, wenn wieder eine Nussschale aufgibt – und das mit relativ wenig Kraftaufwand!  

Eleganter kann man die meisten der widerspenstigen, hartschaligen Walnüsse öffnen: am stumpfen Ende besitzt die Trennlinie der Schalenhälften eine Stelle, die man als Türöffner dieser Frucht nutzen kann. Wenn man dort nämlich mit einem Schlitz-Schraubendreher ein wenig eindringt, kann man durch eine leichte Drehung die zwei Hälften sauber voneinander trennen und sich sofort über die leckere Beute freuen. Auch hier: Verletzungsgefahr durch Abrutschen des Werkzeugs! Stichverletzungen in der Hand, und dann womöglich noch am vierten Adventssonntag, sind äußerst unerwünscht! Ein zusätzlicher Vorteil dieser Methode: eine derart geknackte Nuss kann mit einem Zettelchen versehen, wieder sauber zusammengeklebt und den erfreuten Kindern und Enkeln übergeben werden – nach dem Prinzip Glückskeks. Oder diese basteln mit Freuden Dekorationen für die Weihnachtszeit.     
Es ist schon erfreulich, dass wir Menschen alle Probleme gelöst ­bekommen – zumindest, wenn es um es Nussknacken geht.   

Manfred Kotters 

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