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Kurztagspflanzen haben Saison
Licht beeinflusst das Pflanzenleben entscheidend. Nicht Wärme unterschiedlichen Grades bestimmt ausschlaggebend ihr Wachsen und Blühen, sondern die Tageslänge, und durchaus nicht immer sind es lange Tage, die den Blüheffekt auslösen.
Manche Pflanzen blühen genau andersherum, in jahreszeitlich kurzen Tagen, bei uns im Winter wie Christrose und Jasmin als so genannte Kurztagspflanzen, die es fast bis ins Extrem übertreiben und punktgenau zur Wintersonnenwende Knospen öffnen. Wegen ihrer Herbst- oder Winterblüte sind uns Kurztagpflanzen besonders lieb: Dahlien, Herbstastern, späte Herbstchrysanthemen, alle zum Blühen angehalten durch kürzer werdende Tage. Wer klug auf sie setzt, kann das Gartenjahr um Wochen verlängern. Während andere Gartenbesitzer/innen ihre Gärten schon winterfertig machen, blüht es bei ihnen noch voll, dort besonders üppig, wo lange Herbste mild und sonnig das späte Blühen fördern, kein Frost die Bereitschaft zum Blühen jäh stoppt.
Gegen unerwünschte Kälte gibt es bekanntlich ein Gegenmittel: künstliche Wärme. Die macht allerlei möglich im Zusammenhang mit Pflanzen, die aus wärmeren Gegenden stammen und dort im Kurztag blühen, wobei noch andere Umstände förderlich sind, um Ruhe und Wachstum abwechseln zu lassen, vor allem Regen- und Trockenzeiten. Ein typischer Kurztagsblüher ist der Weihnachtsstern. Wer einen solchen wieder zum Blühen, beziehungsweise zur Bildung der roten Hochblätter bewegen will, muss ihn unbedingt rechtzeitig genügend abdunkeln, Kurztagen aussetzen. Nicht die kleinste Lichtquelle darf ihn dann beeinflussen, nicht Mondlicht, nicht Straßenlaterne, nicht gedimmte Nachtleuchte. Es muss für den Aspiranten völlig dunkel sein. Man lernt bei einem solchen Experiment Weihnachtssterne ganz neu kennen, weil sie mal frei wachsen. Jeder entwickelt sich ein bisschen anders als der andere. Man könnte Weihnachtstern auch für Pfingstblüte manipulieren, bloß will ihn dann keiner haben. Also hat er nur ab Advent Saison. Auch Weihnachtskaktus ist eine Kurztagspflanze. Er blüht von sich aus ziemlich pünktlich zu Weihnachten, aber noch besser, wenn man ihn zuvor durch 12–14-stündigen dunklen Stand, zum Beispiel von 18 bis 7 Uhr, ab Oktober dabei unterstützt.
Ilse Jaehner