Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,  

jedes neue Jahr beginnt mit Vorhaben, Projekt-Ideen und guten Vorsätzen. Und an dieser Stelle wurden und werden in dieser Fachzeitschrift auch immer wertvolle Anregungen für neue gärtnerische Herausforderungen für die kommende Saison geboten.  

Im Gegensatz dazu verfügen aber auch die Stille, die winterliche Zwangspause und die Entschleunigung während der vergangenen Feiertage oder an kühlen Wintertagen über einen enormen, vielfach unterschätzten Wert.  

Wissen Sie noch, wie sich Langeweile anfühlt? Falls nicht, wäre es sehr simpel auszuprobieren. Einfach mal nichts tun – nicht Grübeln, nicht Planen, nichts konsumieren und nur spüren, wie (langsam) die Zeit vergeht.  

Zuzulassen, dass man mal wieder Zeit spürt, kann eine große Herausforderung sein, denn wir sind es gewohnt, immer beschäftigt zu sein. Tagtäglich konsumieren wir; füttern unser Gehirn ständig mit Informationen und Unterhaltung. Unsere Synapsen sind dauer-beschäftigt, angestrengt und ruhelos.   

Wir fühlen uns gestresst und haben den Eindruck, uns stehe zu wenig Zeit zur Verfügung. Es handelt sich dabei jedoch nur um ein Gefühl, weil die Informationsflut aus Fakten und Unterhaltung den eigenen Rhythmus unterjocht. Unser Gehirn unterscheidet dabei nicht, ob es sich um nützliche Informationen oder Amüsantes handelt – alles ist Input, der verarbeitet werden muss.  

Innehalten, nicht konsumieren – das ist dann das einzige Mittel, um einen Ausgleich zum modernen, anstrengenden Lebensstil zu schaffen. Neumodisch nennt man das häufig „Digital Detox“ oder „Digital-Fasten“. Aber auch wer nicht digital unterwegs ist, sich in unserer westlichen Kultur auf dem Laufenden halten will und zudem noch viele eigene Projekte hat, kennt diese Herausforderung.  

Ebenso fordernd kann es dann sein, einmal Stille oder gar Langeweile auszuhalten, in sich hineinzuhören und die eigenen Gedanken wahrzunehmen. Wir sind es schlichtweg nicht mehr gewohnt und fürchten unangenehme Gedanken oder Gefühle.  

Was wir jedoch mitsamt der Stille verbannen ist Kreativität.  

Es kann erst Neues entstehen, wenn der Kopf nicht ständig überfüllt ist, mit dem was es schon gibt oder mit (von Algorithmen) festgelegten, vorgegebenen Fakten. Kreative Ideen und spontane Eingebungen entstehen im gedanklichen Leerlauf!   

Zum Glück hat jede/r Gärtner/in das Privileg, ein kleines Stückchen Erde in ihrer/seiner Obhut zu haben, wo er/sie Stille genießen und sich zumindest über die Wintermonate gelegentlich im Nichts-Tun üben kann. Also gehen Sie doch in Ihren Garten, um dort einfach einmal zu sein. Vielleicht erwarten Sie ganz neue Ideen für das angebrochene Jahr oder schlimmstenfalls ein wenig Ruhe.  

Ihr Karl Born,
Vorsitzender des Hauptvorstands

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