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Jeder, der den Beruf des Gärtners erlernt, ist oder wird gezwungen, ein akribisches Tagebuch über einen Zeitraum von drei Jahren während seiner Lehrzeit zu führen. Daran hat sich auch bis zum heutigen Tage nichts geändert. Die Eintragungen sind täglich zu machen und bestehen hauptsächlich aus einem Wetter- und einem Tätigkeitsbericht. Besonders gerne wurde es von der Prüfungskommission gesehen, wenn Zeichnungen, Bilder oder besondere Berichte den alltäglichen Eintragungen beigefügt wurden, und diese Tagebücher sind bereits Bestandteil der Abschlussprüfung. Ich kenne keinen Gärtner, der dieses Tagebuch geliebt hat, wir haben es alle gehasst. Heute sieht man das vielleicht ein wenig anders, und viele Gärtnerjahre später sind die Tagebücher immer noch ein wertvolles Nachschlagwerk.
Ganz am Anfang steht die Frage: Was möchte ich durch die Führung eines Gartentagebuchs erreichen?
Es gehört sehr viel Mut dazu, so etwas überhaupt zu beginnen. Hat man sich nach reiflicher Überlegung zu diesem Schritt entschlossen, gehört auch noch eine sehr korrekte Schreib-Disziplin dazu, idealerweise gepaart mit einer guten Beobachtungsgabe für botanische und zoologische Kleinigkeiten oder Besonderheiten. Sicherlich wäre auch eine Portion Liebe zu Natur und Umwelt hilfreich. Letztlich ist noch wichtig, alles konsequent nach seinem eigenen Schema gleichmäßig zu dokumentieren und immer zeitnah festzuhalten (man sollte sich Ziele dafür setzen).
Ein Gartentagebuch zu führen ist nichts für ungeduldige Menschen. Eine Auswertung gesammelter Informationen ist frühestens (wenn überhaupt schon) nach einer Gartensaison im kommenden Jahr möglich. Je älter die Aufzeichnungen im persönlichen Gartentagebuch sind, desto wertvoller sind sie bzw. werden sie.
Die vier Säulen eines Gartentagebuchs
1. Planen:
2. Beobachten:
3. Auswerten:
4. Wissen:
Themenliste möglicher Garten-Tagebucheinträge
Nachfolgend eine kleine Themenauflistung über mögliche Tagebucheinträge (teilweise mit einer Tabelle). Es wird so gut wie unmöglich sein alle Bereiche in einem Tagebuch aufzunehmen. Zum einen wäre der Arbeitsaufwand dafür entschieden zu groß, zum anderen sind die Interessensgebiete viel zu unterschiedlich.
Ein externes Gedächtnis aufbauen für Ideen, Gartenräume, Pläne oder Termine
Ähnlich einem persönlichen Tagebuch wie es von vielen Menschen geführt wird, kann man hier Dinge aus seinem Garten aufschreiben, die einen bewegen. Auch Gartenträume lassen sich hier skizzieren, egal ob sie jemals verwirklicht werden oder nicht. Hier lassen sich sehr gut Pläne schmieden (langfristige oder einfach umzusetzende Ideen). Letztlich ist hier auch der Platz für wichtige, große oder einfach kleine Termine.
Eine Sammlung für die schönsten Momente im Garten erstellen
Was man unter „Schönen Momenten“ im Garten versteht, muss ein jeder für sich selbst ausmachen. Dass es solche gibt, wird jeder Gartenliebhaber bestätigen. Es lohnt sich bestimmt, so etwas festzuhalten und unter Umständen auch mit Freunden zu teilen.
Den eigenen Garten besser kennenlernen und in unterschiedliche Bereiche einteilen
Derartige Einträge sind etwas sehr persönliches, weil sie sich mit dem Gartenbesitzer und den individuellen Gartenbereichen intensiv auseinandersetzen und evtl. sogar eine besondere Beziehung eingehen.
Über das Gärtnern immer wieder Neues erproben und erlernen und aufschreiben
Karl Foerster(*9.3.1874 – 27.11.1970) Gärtner, Philosoph und Buchautor hat einmal gesagt: „Wenn ich noch einmal auf die Welt komme, werde ich wieder Gärtner und das nächste Mal auch noch. Denn für ein einziges Leben war dieser Beruf zu groß.“ Probieren Sie Neues aus, sprechen Sie mit Gärtnerkollegen und schreiben Sie Ihren Erfahrungsschatz einfach auf.
Meteorologische Abläufe beobachten
Die neuen Medien machen Wetterbeobachtungen sehr einfach und die sind weitaus vorausschauender als das früher war. Machen Sie sich zunutze, was man im regionalen Radio dazu hört oder im Fernsehen sieht. Halten Sie wichtige Sachen dazu fest und gleichen das mit ihren eigenen Beobachtungen ab. Wichtige Informationen lassen sich auch aus Großwetter- und Langzeitwettervorhersagen ableiten.
Tägliche Temperaturverläufe festhalten
Das Verhalten unserer Gartenpflanzen wird entscheidend von den Außentemperaturen geprägt. Datensammlungen, ähnlich wie in der nachstehenden Tabelle, sind immer eine wertvolle Hilfe, insbesondere wenn es um Ursachenforschung für Misserfolge geht.
Datum |
Temperatur C0 |
||||
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Morgens |
Mittags |
Abends |
sonnig |
bewölkt |
27.10.21 |
8.3 |
14,2 |
11,0 |
|
* |
28.10.21 |
7,4 |
13,9 |
10,4 |
* |
|
29.10.21 |
9,3 |
12,0 |
9,0 |
|
* |
Infos zu besonderen Wetterereignissen
Diese kleinen, aber doch sehr wichtigen Wetterereignisse (wie z.B.: erster Frost, erster Schnee, heißester Tag, Gewitter usw.) sollte man immer festhalten, im Kopf gehen sie leider viel zu schnell verloren (Vielleicht erinnert man sich auch nicht gerne daran).
Datum |
Messwert umgerechnet |
|
|
in mm |
auf L/qm |
08.08.2021 |
36 mm |
3,6 Liter /qm |
24.09.2021 |
84 mm |
8,4 Liter /qm |
Fruchtfolge
Interessant und spannend ist die Einhaltung der Fruchtfolge. Das heißt, der Gärtner schreibt auf, in welchem Beet welche Art bzw. Sorte er gepflanzt hat. Fruchtfolge bedeutet, dass man nicht jedes Jahr auf das gleiche Beet dieselben oder verwandten Kulturen pflanzt. Beispielsweise sollte in einem Beet nach dem Wirsing kein Rosenkohl gepflanzt werden. Die Festlegung der Fruchtfolge ist besonders wichtig für noch unerfahrene Gärtner, aber auch grundlegend für den Gemüseanbau. Am Besten zeichnet man sich hierzu einen kleinen Plan seiner Gemüsebeete und verlegt die Anbauflächen Jahr für Jahr aufs Neue.
Bodenbearbeitung/Bodenverbesserer
Nur ein gesunder Boden ist die richtige Grundlage für erfolgreiches Gärtnern. Man muss alles dafür tun, dass er nicht verdichtet, versauert, seine in ihm lebenden Mikroorganismen am Leben bleiben und sich rege vermehren. Entscheidend dafür sind entsprechende Bodenbearbeitungsmaßnahmen, aber auch die Zugabe von Bodenhilfsstoffen oder Bodenverbesserern. Halten Sie die Maßnahmen jahreszeitlich bezogen und einem Datum fest.
Herstellung von Kompost dokumentieren
Mit der Kompostierung schließen wir den organischen Kreislauf der Natur. Pflanzliches Material wird durch natürliche Umsetzungsprozesse in fruchtbaren Boden verwandelt und kann unseren Pflanzen im Folgejahr als Lebensgrundlage dienen. Wir bringen mit dem Kompost wertvolle Nährstoffe in den Garten zurück. Die enthaltenen Humusteilchen lockern und beleben den Gartenboden. Seine Herstellung ist an mehrere unterschiedliche Prozesse gebunden. Das Notieren der einzelnen Arbeitsschritte mit einer Datumsangabe ist besonders wichtig für den weiteren Verlauf.
Den phänologischen Kalender kennenlernen und nutzen
Das Jahr besteht aus vier kalendarischen Jahreszeiten. Der Gärtner kennt jedoch eine noch weitere Einteilung: nämlich die phänologischen Jahreszeiten. Diese sind nicht im Kalender festgeschrieben, sondern orientieren sich vielmehr am Lauf der Natur. Ausschlaggebend für das Einsetzen der Jahreszeiten sind dabei die so genannten Zeigerpflanzen. Dennoch, der phänologische Kalender folgt von Jahr zu Jahr und abhängig von der jeweiligen Region einem anderen Rhythmus.
Die Beobachtung von Schädlingen und Krankheiten
Werden Pflanzen von Schädlingen und Krankheiten befallen, hat das meist eine Ursache. Bereits geschwächte Pflanzen werden bevorzugt davon heimgesucht. Untersuchen Sie Ihre Pflanzen auf vermeintliche Veränderungen oder suchen Sie nach dem Grund, warum sie „schwächeln“. Halten Sie den Schädlingsbefall in Wort und Bild fest, beschreiben Sie Ursache, Befall und Gegenmaßnahmen sehr genau.
Pflanze |
Schädling |
Krankheit |
Datum |
Insektizid |
Fungizid |
Rosen |
|
Rosenrost |
01.08.21 |
|
Baymat |
Stangenbohnen |
Blattläuse |
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14.08.21 |
Spruzit |
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Pflanze |
Sorte |
Aussaat |
Keimung |
Pikiert |
Ausgepflanzt |
Salat |
Atom |
12.03.2021 |
17.03.2021 |
29.03.2021 |
15.04.2021 |
Kulturabläufe bei Gemüse und Blumen abgleichen
Jede Pflanze im Garten verhält sich anders und benötigt unter Umständen im Verlauf ihrer Kulturzeit eine besondere Pflege oder Behandlung (z.B. das Anhäufeln von Kartoffeln, oder besondere Formen eines Rückschnitts). Wie lang ist die Kulturzeit von einer Artischocke, warum haben Feigen in diesem Jahr Unmengen von Früchten erbracht, die leider nicht mehr reif werden. Bei Stauden und Sommerblumen kennt man zweijährige Arten, das bedeutet, dass solche für ihre Entwicklung bis zur ersten Blüte zwei Jahre benötigen. Dies und viele weitere Kulturabläufe gilt es zu beobachten und zu beschreiben.
Vegetative Pflanzen-Vermehrungen festhalten
So mancher Hobbygärtner vermehrt Pflanzen über Stecklinge oder Gehölze über Steckhölzer. Bei dieser spannenden Vermehrungsmethode reagiert jede Pflanze anders. Die erhoffte Wurzelbildung fällt auch sehr unterschiedlich aus und ist zudem abhängig von der Jahreszeit. Sammelt man zu dieser Vermehrungsmethode Informationen im Gartentagebuch, bedeutet das Fachwissen pur.
Gartenfeste skizzieren
Bekanntlich wird im Garten ja nicht nur gearbeitet, man sollte auch mal feiern und die Freizeit evtl. mit Freunden verbringen und dabei die Natur genießen. Vielleicht handelt es sich sogar um ein Jubiläum. Was gab es da zu Essen und zu Trinken, wer war überhaupt dabei? Alles Fragen und Antworten, die sich letztlich in einem Gartentagebuch wiederfinden könnten.
Gartenbesprechungen festhalten
In vielen Bezirken und seinen angeschlossenen Unterbezirken ist es üblich, dass dort in regelmäßigen Abständen Gartenbegehungen durchgeführt werden. Beileibe werden dort sicherlich nicht nur etwaige Missstände angeprangert, vielmehr wird dort neben Tadel auch Lob ausgesprochen. Wie dem auch sei, die Gesprächsnotizen zu solch einem Gartengespräch sollten ihren Platz im Gartentagebuch finden. Sie sind natürlich besonders interessant, wenn es um den eigenen Garten geht.
Pächterversammlungen dokumentieren
Als letzten offiziellen Teil möchte ich noch das Protokoll einer Pächterversammlung erwähnen. Solche Aufzeichnungen sind, vor allem wenn sie mal älter sind, ein wertvolles Dokument, wenn es um die Geschichte einer Gartenanlage geht.
Wie und wo sollte man die vielen Informationen festhalten?
Am zweckmäßigsten ist sicherlich ein DIN A4-Ordner mit losen karierten Blättern und Trennblättern. Das Karopapier hat den Vorteil, dass man seinen Aufzeichnungen kleine Zeichnungen oder Skizzen beifügen kann, die dann automatisch maßstabsgerecht sind (ein Einzelkaro = 5 mm). Die Trennblätter, wenn sie denn einzeln beschriftet werden, dienen dann als Register, um die Sachgebiete rasch zu finden, über die man Tagebuch geführt hat. Der von außen so nüchtern, bürokratisch wirkende Aktenordner, gespickt voll mit all den Gärtnerinformationen Ihrer Wahl, lässt sich mit getrockneten Pflanzen, Bildern, eigenen Zeichnungen verschönern.
Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, über ein selbst zusammengestelltes Programm sein Gartentagebuch mit einem PC zu gestalten, und wenn man lange genug sucht findet man auf seinem Rechner auch ein entsprechendes Programm dazu. Der Vorteil an dieser Methode ist, dass sich Bilder und interessante Berichte oder Beschreibungen spielend leicht archivieren lassen. Ich kann nur jedermann empfehlen, so etwas einmal auszuprobieren.
Ihr Peter Hagen