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Kürzlich schickte mir ein Freund das Foto einer Frucht, bei der er der Meinung war, er hätte sie bei seinem letzten Besuch im Chinarestaurant gegessen. Das Foto zeigte die Frucht von Arbutus unedo, einem umgangssprachlich als Erdbeerbaum bekannten Strauchbaum aus der Mittelmeerregion. Es hatte mich gewundert, denn auch wenn dies die deutsche Bezeichnung vermuten ließe, hat die Frucht von Arbutus unedo wenig mit Erdbeeren zu tun. Lediglich die Größe und auch die Ausfärbung der reifen Früchte haben eine gewisse Ähnlichkeit mit Erdbeeren. Geschmacklich kommen die ‚Erdbeeren‘ vom Baum aber nicht an die eigentlichen Erdbeeren heran. Die Arbutus-Früchte schmecken nur im vollreifen Zustand und selbst dann werden sie gelegentlich noch als fad bezeichnet. Das stimmte aber nicht mit der von meinem Freund verzehrten Frucht überein, denn die war als äußerst wohlschmeckend geschildert worden. Stutzig wurde ich allerdings, als mir weitere Details mitgeteilt wurden. So soll die als Arbutus verzehrte Frucht nur einen großen zentralen Kern aufweisen, wie wir das von der optisch ähnlichen Litchi kennen. Litchi schied aber aus, nicht der Größe und Farbe wegen, sondern weil die Litchi vor dem Verzehr geschält werden muss und geschält ganz anders aussieht. Die verzehrte Frucht konnte aber direkt als Ganzes gegessen werden, wie dies auch der Fall bei den Früchten des echten Erdbeerbaums ist. Die Früchte des Erdbeerbaums sind aber vielsamig und haben relativ kleine Samen, die oftmals nicht einfach auszumachen sind.
Die Frage war nun: worum handelt es sich bei dieser wohlschmeckenden Frucht, die der eines Erdbeerbaums sehr ähnlich ist und auch noch als Arbutus ausgezeichnet war, aber nicht Arbutus sein kann?
Doppelgänger kommen im Pflanzenreich häufiger vor. Die Pilzsammler unter uns können ein Lied davon singen. Die Doppelgänger sind aber in der Regel giftig oder ungenießbar. Das ist hier aber nicht der Fall. Denn der echte und der falsche Arbutus sind in gleicher Weise essbar. Merkwürdig ist allerdings, dass die falschen Arbutus-Früchte wesentlich besser schmecken als die echten.
Des Rätsels Lösung: Es gibt eine in China kultivierte Obstart, die Myrica rubra heißt und deren Früchte sehen jenen des Echten Erdbeerbaumes, Arbutus unedo, zum Verwechseln ähnlich. Die Früchte dieses Strauches oder Baumes reifen nur zu einem bestimmten Zeitpunkt und sind schnell verderblich. Um sie zu erhalten und genießen zu können, müssen sie haltbar gemacht werden und kommen daher in die Dose.
In der Dose kommen sie auch ins Chinarestaurant. Und dann geht es mit der Verwechslung los. Oder auch nicht, denn nur wer die Früchte von Arbutus unedo kennt und verzehrt hat, wird in diesem Falle stutzig werden. Es kann nur gemutmaßt werden, wie es zu dieser ‚Verwechslung‘ oder Falschauszeichnung kam. Vermutlich könnte es sich einfach um einen Übersetzungsfehler handeln. Anders ist es nicht zu erklären, dass einer wohlschmeckenden Frucht mit der Bezeichnung einer, sagen wir mal minderwertigen Frucht, kein großer Gefallen getan wurde.
Mein Freund hatte auch einen Importeur dahingehend angeschrieben, um auf den Fehler aufmerksam zu machen. Bis dato hat er keine Antwort bekommen. Und jetzt kommt auch noch eine gute Nachricht, denn beide Pflanzen sind bei uns im Handel erhältlich. Arbutus unedo als Erdbeerbaum und Myrica rubra als Pappelpflaume. Für den Experimentierfreudigen eine Anregung.