Handarbeit

Wenn man einer Sprache nicht mächtig ist, unterhält man sich „mit Händen und Füßen“. Irgendwie ist das im Garten genauso. Da müssen Hände und Füße ran, um eine für alle verständliche Kommunikation hinzubekommen. Während die Füße hauptsächlich helfen Jungpflanzen, Samentüten, Kompost und Säcke voller Blumenerde zu den vorgesehenen Stellen zu bringen, gehört die Feinarbeit eindeutig den Händen. In Zusammenarbeit mit dem Kopf sind sie zuständig für’s Säen, Umtopfen, Unkrautzupfen und Arbeiten mit diversen Geräten. Da sie so vielfältig im Garten eingesetzt werden können, haben sie auch so einiges auszuhalten. Deshalb sollte man sie sorgfältig behandeln.     
Wenn man „in der Erde wühlt“, nehmen die feinen Rillen in den Fingern und die Freiräume unter den Fingernägeln allzu gerne jedes mögliche Schmutzpartikelchen auf und halten es fest. Normales Händewaschen reicht jetzt nicht aus, da muss die Nagelbürste zeigen, was sie kann. Nach dem ersten Tag der Gartenarbeit klappt das eventuell noch recht gut, aber nach weiteren Tagen mit direktem Erdkontakt kann man anhand der Hautunreinheiten beweisen, dass man sich nicht scheut, sich die Hände schmutzig zu machen. Im Handel gibt es Cremes, die wie ein „unsichtbarer Handschuh“ wirken sollen. Allerdings schmirgeln die unzähligen Sandkörnchen des Bodens diesen „Handschuh“ rasch wieder ab. Da scheint der echte Handschuh aus Gummi oder Textil die bessere Lösung zu sein. Für besagtes manuelles Erdwühlen und grobe Arbeiten ist dieser Schutzmechanismus absolut passend. Wenn man aber unwillkommene Mini­pflänzchen beim Schopf packen möchte, greift man mit Handschuhen leicht ins Leere; das Feingefühl geht durch diese Handummantelung verloren. Also: flexibel bleiben und einfach mal mit und mal ohne Schutz arbeiten.     
Geht’s aber an das Schneiden von wehrhaften Sträuchern wie Stachelbeeren, Brombeeren oder Rosen, sollten die robusten Lederhandschuhe bereit liegen. Zwar heilen kleine Schrammen schnell wieder ab, aber im Garten könnte eine andere Gefahr schlummern, die schlimme Folgen haben kann: Wundstarrkrampf (Tetanus). Die Bakterien dieser Krankheit sind sehr widerstandsfähig und kommen weltweit auch im Erdreich vor. Daher nicht vergessen: alle zehn Jahre die Impfung auffrischen lassen.
Da uns insbesondere der Gemüsegarten auch drinnen beschäftigt, müssen unsere Hände auch hier ran. Neben dem alltäglichen Risiko, beim Schneiden mit scharfen Messern, droht den Händen daneben auch anderes Ungemach. Wer ein Gewächshaus oder eine sonnenverwöhnte Terrasse sein Eigen nennen darf, hat sicherlich schon mal Paprika, oder auch die schärfere Verwandtschaft Chili, angebaut. So wie die Schmutzpartikelchen aus der Erde, fühlen sich die Schärfemoleküle der Chili in den Rillen der Finger ebenfalls sehr wohl. Da hilft auch keine Seife oder Nagelbürste; die anschließende Benutzung der betreffenden Finger sollte deshalb stets gut überlegt werden. Wer sich nämlich mit solch einem kontaminierten Schärfe-Finger mal kurz die Augen gerieben hat, bekommt die Quittung sofort! Auch die Zunge hält von der höllisch brennenden Berührung dieser Finger rein gar nichts. Je nach Intensität der Schärfe einer Chili und der Verarbeitungsmenge kann der Zustand der Hände schon mal ein paar Tage anhalten. Deshalb: bei der Verarbeitung von Chili Handschuhe benutzen, da insbesondere nachts die notwendige Kontrolle der Handbewegungen ausfällt.     
Harmloser sind dagegen die Verfärbungen, die sich beim Verarbeiten bestimmter Gemüse­arten einstellen können. Bei der Roten Bete ist das allgemein bekannt, da der Saft auch zum Färben (z.B. der Ostereier) gerne genommen wird. Rotkohl und Möhren hinterlassen ebenfalls eine gewisse farbige Erinnerung an den Händen. Ein wenig unerwartet veränderten sich meine Hände allerdings, als ich zum ersten Mal Pastinaken kleingeschnitten habe: Diese Rüben erscheinen auf den ersten Blick färbemäßig völlig unbedeutend. Umso überraschter war ich, als ich erkennen musste, dass die unschuldig weiß daher kommenden Rüben meine Hände mit einer hellbraunen Farbschicht versehen hatten. Dieses Braun weigerte sich zudem beharrlich, sich von mir zu trennen. Erst nach ein paar Tagen mit Duschen und Haarewaschen kam die wahre Natur meiner Finger wieder zum Vorschein.    
Als letztes sei noch eine Veränderung der Hände genannt, die man nicht sehen kann und die auch keinerlei Schmerzen verursacht: die Belastung der Hände durch das Schneiden von Zwiebeln oder Knoblauch. Hier ergibt sich eine – bisweilen unangenehme – geruchliche Veränderung. Auch hierbei gibt’s Abhilfe: die Hände nach der Schneidearbeit mit Zitronensaft einreiben und anschließend waschen oder die geruchsbelas­teten Handflächen an reinem Edelstahl (z.B. der Küchenspüle) reiben; so verschwindet der Geruch an den Händen. Beim Zwiebel-Mundgeruch helfen Minze, Petersilie und auch Zitrone – so sagte es jedenfalls meine Mutter.    
Man sieht: ob Verletzung, Verfärbung oder Geruch – die Gärtnerhände müssen ganz schön was aushalten. Aber wenn wir am Schluss mit unseren Garten- und Küchen-„Kunstwerken“ zufrieden sind und dazu noch lobende Worte hören, sind diese kleinen Nebensächlichkeiten rasch vergessen. Außerdem: wo gehobelt wird, da fallen nun mal Späne.           


Manfred Kotters                                                  


   

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