Orchideen im Garten

Für viele Menschen sind Orchideen noch etwas Besonderes. Sie sind exotisch, wachsen in Regionen, die man allenfalls schon mal als Tourist besucht hat, sind teuer, sehr exklusiv und gelten für Otto-Normalverbraucher als nicht kultivierbar. Dass dem eigentlich nicht so ist, hat bereits vor 30 Jahren eine Zimmer – Orchideenart bewiesen, die man als Cymbidie bezeichnet. Als klein- oder großblütige Sorte überschwemmte sie über einen Zeitraum von gut 10 Jahren den europäischen Markt. Abgelöst wurde sie dann durch die Phalaenopsis, Schmetterlings- oder Malayenorchidee, die es sehr rasch bis zu Deutschlands beliebtester Zimmerpflanze schaffte. Nach einer statistischen Erhebung soll es viermal so viele Phalaenopsis in unseren Haushalten, geben als Weihnachtsbäume.  
Etwas anders verhält sich das mit den Freiland- oder Gartenorchideen, die immer noch als echte Rarität gehandelt werden. Doch kann auch dieses Vorurteil widerlegt werden. Allerdings werden die Garten­orchideen hoffentlich niemals das Image eines Massenartikels wie die eine oder andere Zimmerorchidee erlangen. Mit einer Vielfalt von ca. 60 Arten und Sorten haben wahre Garten- und Pflanzenfreunde den stetig wachsenden Markt der Freilandorchideen aber schon für sich entdeckt. Leider treffen die anfänglich erwähnten Bedenken zum Thema Orchideen hier besonders zu, zumal man über Orchideen spricht, die ganzjährig im Garten verbleiben können.
Gartenorchideen sind teilweise reine Wildpflanzen, wie sie in der Natur vorkommen. Viele von ihnen sind Selektionen oder aber Hybriden, die in komplizierten Verfahren gezüchtet und weiter vermehrt wurden. Die Pflanzen, die sich im Verkauf befinden, werden prinzipiell generativ oder vegetativ vermehrt und ein Teil davon stammt auch aus Gewebekulturen. Eine Entnahme aus der Natur ist generell verboten, denn alle Orchideen stehen unter strengstem Naturschutz. Das Pflücken von Blüten, die Entnahme von Samenkapseln oder das Ausgraben von ganzen Pflanzen ist streng verboten. In Deutschland gibt es sehr viele Naturschutzgebiete, in denen wilde Orchideen vorkommen. Teilweise dürfen diese nur mit einem speziell ausgebildeten Führer betreten werden. Wer sich also für Orchideen im Garten interessiert, der sollte sich tunlichst nicht in der Natur auf die Suche begeben und Pflanzen ausgraben. Das würde diesen seltenen Schönheiten sehr schaden, ist zudem streng verboten und könnte zudem empfindlich Strafen nach sich ziehen. Orchideenarten sind streng geschützt, was durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) geregelt ist.    

 
Orchideen-Gattungen – Übersicht     

Gattung: Anacamptis    Deutscher Name: Pyramidenknabenkraut    Bemerkung: selten   
Gattung: Bletilla    Deutscher Name: Chinaorchidee    Bemerkung: viele verschiedene Farben   
Gattung: Calanthe    Deutscher Name: bedeutet: Schöne Blume    Bemerkung: verschiedene Sorten   
Gattung: Calapogon    Deutscher Name: keine Bezeichnung    Bemerkung: seltenere Wasserorchidee   
Gattung: Coeloglossum    Deutscher Name: grüne Hohlzunge       
Gattung: Cypripedium calceolus    Deutscher Name: Frauenschuh    Bemerkung: eine gelbe Wildform, selten    
Gattung: Cypripedium Hybriden    Deutscher Name: Frauenschuh    Bemerkung: sehr vielfältige Hybride   
Gattung: Dactylorhiza    Deutscher Name: Knabenkraut    Bemerkung: verschiedene Arten   
Gattung: Epipactis    Deutscher Name: Stendelwurz    Bemerkung: mehrere Arten und Sorten    
Gattung: Goodyera    Deutscher Name: Netzblatt    Bemerkung: nur eine Art, weiß blühend   
Gattung: Gymnadenia    Deutscher Name: Hendelwurz    Bemerkung: nur eine Art    
Gattung: Himanthoglossum    Deutscher Name: Bocksriemenzunge    Bemerkung: faszinierende Pflanze   
Gattung: Listeria    Deutscher Name: großes Zweiblatt    Bemerkung: kleine Blüten, große Blätter   
Gattung: Ophrys    Deutscher Name: Ragwurz    Bemerkung: mehrere Arten (Mimikry)    
Gattung: Orchis    Deutscher Name: Knabenkraut    Bemerkung: verschiedene Arten   
Gattung: Platanthera    Deutscher Name: Kuckucksblume, ­Waldhyazinthe    Bemerkung: nur eine Art  
Gattung: Pleione    Deutscher Name: Tibetorchidee    Bemerkung: wunderschön, großblütig   
Gattung: Pogonia    Deutscher Name: Moorpogonie    Bemerkung: unterschiedliche Sorten   
Gattung: Serapia    Deutscher Name: Zungenstendel    Bemerkung: mehrere Arten, wohlriechend   
Gattung: Spiranthes    Deutscher Name: Drehwurz    Bemerkung: verschiedene Arten und Sorten    

 

Wie kommt man an Gartenorchideen?    
Wer sich ernsthaft für diese Pflanzengruppe interessiert, der findet im Internet reichlich Adressen im In- und auch europäischen Ausland. Zudem bieten auch gut geführte Gartencenter derartige Pflanzen an. Eine weitere gute Anlaufstelle sind Gartenbaubetriebe, die sich auf die Produktion von Stauden spezialisiert haben (Gartenorchideen fallen unter die Rubrik Stauden), derer gibt es mehrere in Deutschland. Besonders interessant sind dann Staudengärtnereien, die sich zu einem Verbund zusammengeschlossen haben, weil derartige Betriebe über besonders große Pflanzensortimente verfügen. Abzuraten ist der Kauf von Gartenorchideen im Internet unter so genannten Kleinanzeigen, die sehr weit verbreitet sind. Hier erhält man beim Kauf von reinen Wildformen höchst selten einen Nachweis über die wahre Herkunft der Pflanzen und kann sich schnell strafbar machen. Seriöse Betriebe liefern bei Orchideenwildformen ein so genanntes CITES Zertifikat mit, was ein genauer Nachweis über die eigentliche Herkunft jeder einzelnen Pflanze ist. Was man im Internet leider auch immer wieder findet, sind Angebote für Orchideensamen, darunter auch Samen von heimischen Wildorchideen. Auch das ist strafbar und zudem kann man Orchideensamen nicht einfach aussäen. Das funktioniert in der Natur nur am eigenen Standort, oder aber unter Laborbedingungen.       


Standortbedingungen    

Bei der Vielzahl von Gattungen verwundert es nicht, dass die einzelnen Orchideen nur unter sehr unterschiedlichen Bedingungen wachsen, die auch einzuhalten sind, damit die Kultur im Garten auch gelingt. Hierbei geht es besonders um Licht und Schatten. Alle Arten von Cypripedien (Frauenschuhe) wachsen vorzugsweise im Schatten, wohingegen die meisten Knabenkräuter oder Ragwurzarten am liebsten in der vollen Sonne stehen.
Ähnlich verhält sich das mit der Bodenfeuchtigkeit. Die hübsche ­Pogonia steht am liebsten fast ständig im Wasser, andere Gattungen bevorzugen an ihren Naturstandorten eher trockene Magerwiesen und nehmen Staunässe sofort übel. Alle genannten Pflanzen zählen zu den terrestrischen Orchideen, d.h. ihre Wurzeln und Vermehrungsorgane befinden sich ständig unter der Erde (ganz anders als bei den meisten tropischen Orchideen, die vorzugsweise epiphytisch wachsen).       Gartenorchideen ziehen nach der Blüte immer ein, wobei die oberirdischen Pflanzenteile zunächst vertrocknen und dann völlig verschwinden. In dieser Phase, die man als Ruheperiode bezeichnet, bildet die Pflanze unterirdisch Neutriebe für das kommende Jahr aus. Die Hauptblütezeit unserer Gartenorchideen liegt zwischen Mai und Juni, es gibt jedoch auch Gattungen, die etwas später bzw. früher blühen. Bei unseren Gartenorchideen gibt es aber noch eine Besonderheit, die unbedingt beachtet werden muss. Das betrifft das Substrat oder die Erde in der sie wachsen. Als Anfänger kann man nur empfehlen, sich beim Lieferanten der Pflanzen gleich das passende Substrat mitzubestellen. Das mischt man dann mit seinem eigenen Gartenboden in einem angemessenen Verhältnis. Wichtig ist zudem der richtige pH-Wert des Gartenbodens, der bei Gartenorchideen im schwachsauren Bereich liegen sollte. Alle Frauenschuharten bevorzugen einen etwas höheren pH-Wert, der bis pH 7 (Neutralwert) liegen darf.    
Zuletzt noch ein Hinweis auf die Winterhärte für Gartenorchideen. Die angebotenen Pflanzen stammen aus den unterschiedlichsten Regionen der Erde, auch Regionen, in denen der Winter milder ist als bei uns. Das kann bedeuten, dass die Pflanzen in unserem Breitengrad nur bedingt winterhart sind. In diesem Fall sollte man die Pflanzen besser in Töpfen oder kleinen Containern halten. Alle vorgenannten Hinweise sollten beachtet werden, denn nur so ist gewährleistet, dass die Gartenorchideen regelmäßig zur vorgegebenen Zeit blühen und sich weiter im eigenen Garten vermehren. Seriöse Händler liefern zu jeder gekauften Pflanze entsprechende Pflege- und Pflanzhinweise mit.      


Die wichtigsten Gartenorchideen

Cypripedium calceolus    

Die wohl bekanntesten Gartenorchideen sind die Frauenschuhe, die man botanisch als Cypripedium bezeichnet. Dazu zählt auch die wunderschöne Wildform C. calceolus, die in der freien Natur nur noch sehr selten vorkommt. Als Gartenorchidee ist sie besonders kälteresistent und trotzt Frostperioden von bis zu −30 C°. Die Pflanze schätzt einen schattigen bis halbschattigen Platz im Garten und treibt bereits Anfang April bereitwillig aus. Sie benötigt einen durchlässigen, humosen Boden mit einem gewissen Teil an Lauberde. Während der Hauptwachstumszeit sollte sie nicht austrocknen.     

Cypripedium Hybriden    

Diese Frauenschuhe sind Kreuzungsergebnisse von zwei unterschiedlichen Wildformen oder auch unterschiedlichen Arten, bzw. auch Kreuzungen untereinander. Davon gibt es Dutzende von neuen Hybriden, die sich allesamt bestens als Gartenorchidee auszeichnen, denn sie haben eine enorme Vitalität. Auch das Farbspiel sowie die unterschiedlichen Blütenformen und Wuchshöhen dieser Züchtungen sind enorm und fast nicht überschaubar. Die Standortbedingungen entsprechen dem der vorgenannten Wildformen.    

Anacamptis pyramidalis   

Die Gattung Anacamptis ist in Europa weit verbreitet, wächst und blüht unter den unterschiedlichten Bedingungen. Die Art A. pyramidalis ist eine einheimische Orchidee, die zu den kleineren Arten gehört und als Pyramidenknabenkraut bezeichnet wird. Sie wird nur etwa 40 cm hoch, liebt kalkhaltige Trockenrasenböden und einen vollsonnigen Standort.   

Calanthe   
Stammen eigentlich aus Japan und erfreuen sich einer unglaublichen Farbenvielfalt, manche von ihnen haben einen sehr angenehmen Duft. Calanthen kultiviert man am besten in Töpfen oder auch Containern und hält sie auf der Terrasse.   

Dactylorhiza   
Hinter diesem botanischem Namen verbergen sich die verschiedensten heimischen Knabenkräuter, die sich alle durch eine sehr gute Frosthärte auszeichnen. Im Handel sind ca. 12 verschiedene Arten, deren Standortbedingungen sehr stark voneinander abweichen. Besonders spektakulär sind die Blütenfarben und die Größe der Blütenrispen. Die Blüte beginnt bereits Anfang März und endet je nach Art im Juni.   

Orchis    
Die zwei wohl spektakulärsten Knabenkrautarten O. mascula und O. militaris (Mannsknabenkraut und Helmknabenkraut) gehören zu der Gattung Orchis und sind auch bei uns heimisch. Mit ihren langen Blütenrispen und ihrer verhältnismäßig langen Blütezeit zählen sie zu den wichtigsten Wildorchideen, die man im Garten halten kann.    

Bletilla    
Die Bletilla wird auch Japanorchidee genannt. Sie stammt aus dem ostasiatischen Raum und zählt auch zu den terrestrischen Orchideen, die sehr einfach zu halten sind. Sie wächst und gedeiht sowohl im Topf als auch im Freiland. Interessant ist ihre lang anhaltende Blühphase, die alle anderen Garten­orchideen übertrifft. Etwa neun verschiedene Arten mit unterschiedlichen Blütenfarben und Blütengrößen sind im Handel.     

Pleione    
Diese vom Wuchs eher kleine Orchidee hat um so größere Blüten, die im zeitigen Frühjahr erscheinen. Man kultiviert sie besser im Topf, damit man auf Spätfröste reagieren und die Pflanze rechtzeitig geschützt aufstellen kann. Die Tibetorchidee schiebt zuerst die Blüten aus kleinen weißlichen Knollen, dann erst folgen die Blätter. Die Blüten mit einer Größe von bis zu 15 cm sind auffällig. Es gibt sie in sehr vielen verschiedenen Farben.     

Himantoglossum    

Die Bocksriemenzunge ist eine beeindruckende Pflanze, alleine durch ihre Wuchs­höhe von bis zu einem Meter. Zudem hat sie sehr auffällig geformte Blüten, die in sich gedreht sind. Der Name rührt von ihrem Geruch her, der stark an einen Ziegenbock erinnert. Sie blüht zwischen Ende Mai und Juni und benötigt einen mageren, leicht alkalischen Boden und steht am besten in der vollen Sonne.   

Ophrys    
Die bekanntesten Arten sind die Bienen-, Hummel-, und Spinnenragwurz. Sie sind alle zusammen zwar recht klein, aber sehr speziell. Die Besonderheit liegt an der Blütenform, die dem Insekt ähnelt, was es bestäubt. In der Natur bezeichnet man diesen Akt als Mimikry-Effekt. Einzeln gehen die Pflanzen durch ihre Größe fast unter, daher pflanzt man sie in Gruppen. Ein trockener Standort mit viel Sonne inmitten dürrer Gräser ist ideal.    

Epipactis    
Die deutsche Bezeichnung für diese hübsche Orchidee lautet Stendelwurz und von ihr gibt es in Europa zahllose Arten. Die wichtigsten davon sind E. helleborine, E. atrorubens, E. palustris und E. gigantea. Alle Arten sind als sehr gut kälteverträglich bekannt und lieben einen sonnigen, aber nicht zu trockenen Standort. Die Art E. palustris ist eine Sumpforchidee, die am besten in Teichnähe wächst.     

Spiranthes    
Die Gattung Spiranthes wird auch Drehwurz genannt, was auf den gedrehten bzw. spiralförmigen Blütenstand zurück zuführen ist. Die bekannteste Spriranthes cernua stammt ursprünglich aus Nordamerika und kommt mit unserem Klima zurecht. Sie blüht gegenüber anderen Gartenorchideen etwas später, gegen Ende des Sommers. Die kleinen weißen Blüten duften nach Vanille. Gegenüber dem Boden ist sie sehr tolerant, der sollte aber immer gleichmäßig feucht sein. Es gibt weitere Arten und Sorten davon.  

Noch ein Hinweis:     

Wer Gartenorchideen im eigenen Garten kultivieren möchte, der sollte mit wenigen Pflanzen anfangen und zu Beginn Pflanzen auswählen, die pflanzenphysiologisch gut zusammenpassen.    


Ihr Peter Hagen  

 

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