Warum gibt es kein Obst?

Ein paar Gedanken warum so was vorkommt     
Immer wieder stehen Gartenfreunde vor einem Phänomen. Obstbäume und auch Obststräucher haben augenscheinlich ganz normal geblüht. Zur Erntezeit kommt es aber zu einer unerwarteten Enttäuschung: der Ertrag bleibt hinter den Erwartungen zurück. Wenige Äpfel, Johannisbeeren, die nicht so prächtig sind wie sonst, schwacher Behang bei den Süßkirschen. Zuerst einmal ist dieser Umstand unerklärlich. Wo liegen die Ursachen?     
Gleich zu Anfang: es gibt mehr als einen Grund für die Ertragsverluste.     
Ein ganz wichtiger Punkt: während der Blüte hat es, aus welchen Gründen auch immer, nicht richtig mit der Befruchtung ­hingehauen.     
Insekten sind für die Befruchtung unserer Obstgehölze von großer Bedeutung. Sind zu wenige unterwegs, schaffen sie es nicht, in der Blütezeit alle Blüten zu besuchen. Jetzt mal wieder was zur Galionsfigur – mancher bezeichnet sie auch als die Heilige Kuh der Bestäuber – eines unserer wichtigsten Nutztiere: die Honigbiene. Ohne Wenn und Aber ist sie wichtig. Aber weit über 500 wildlebende Bienenarten, zuzüglich Hummeln, Käfer, Fliegen, Wespen und Schmetterlinge gilt es nicht zu unterschätzen.   Nach Schätzungen leisten die ziemlich unbekannten Wildbienen zwei Drittel der Bestäubungsarbeit in Deutschland. Daraus ergibt sich automatisch, weniger „Wilde“ in unserer Natur, gleich geringere Bestäubung, gleich weniger Obstertrag. Klingt einfach, ist es auch. Aus diesem Grund ist es für uns Gärtner von ertragsrelevanter Bedeutung, für beste ­Voraussetzungen der ganzen Bestäuberinsekten zu sorgen. Was hierfür zu tun ist, wissen Sie selbst. Jeder Naturfreund kann sich da auslassen.     Längst geben alle möglichen Fachkräfte ihre Hinweise großzügig preis. Natürlich ist das auch ein Markt auf dem Millionenumsätze jährlich statt­finden. Hauptgrund für geringe Flugtätigkeit bei Insekten ist schlechtes Wetter. Nasse, kalte Tage bremsen die fleißigen Tierchen erheblich. Ihnen geht es da wie uns. Bei Niederschlägen und kalten Temperaturen wollen wir auch eher ungern vor die Hütte.     
Manche Obstgehölze brauchen für bessere Erträge einen Befruchter. Darunter ist eine andere Sorte, z.B. bei manchen Äpfeln, Mirabellen oder Süßkirschen zu verstehen. Diese Befruchtersorte spendet ihren Pollen, damit es letztendlich zu Früchten kommt. Bei der alten Erdbeersorte ‚Mieze Schindler‘ übernimmt z.B. ‚Senga Sengana‘ die Vaterrolle. Ist keine geeignete Sorte vorhanden oder steht sie zu weit entfernt, ist ein Minderertrag vorprogrammiert. Erfahrene Gartenbesitzer kennen das Phänomen des Juni-Fruchtfalls. Die Pflanze trennt sich von überzähligen Früchten. Ihre Lebensvorgänge sorgen dafür, dass sie sich nicht übernimmt. Natürlich bestimmen auch Stressfaktoren die Stärke des Fruchtverlustes. Leiden Obstgewächse unter Trockenheit, Nährstoffmangel oder sonstigen Unannehmlichkeiten, schütteln sie sich noch stärker. Nicht zu vergessen ist Schädlingsbefall. Apfelwickler sowie Pflaumenwickler sorgen teilweise für erheblichen Fruchtfall. Viele kennen natürlich auch die unangenehme Situation des Spätfrostes. In den letzten Jahren keine Seltenheit mehr – leider. Ruckzuck ist der herrlich blühende Baum braun. Machen sie sich aber keine Sorgen. Wenn 5 % der Blüte von Apfel- und Birnbäumen übrig bleiben gibt es noch eine normale Ernte. Bei Steinobst wie Pflaume, Kirsche usw. reichen 25 % der Blüten aus, um uns zufriedenzustellen. Zu starker Behang bringt viele kleine Früchte – was wir ja auch nicht gerne haben. Daher ist eine natürliche Fruchtausdünnung gar nicht so schlecht. Gerade beim Apfel ist sortenbedingt eine Ausdünnung notwendig. Geschieht das nicht, gibt es in einem Jahr einen Massenertrag im Folgejahr kaum etwas. Der Fachausdruck dafür lautet ‚Alternanz‘. So schützt sich der Baum quasi vor Erschöpfung. Auf natürlichem Weg geschieht das durch den Juni-Fruchtfall. Viele von ihnen kennen das. Unter einer Zwetsche liegen dann reichlich junge Früchte. So hilft sich der Baum selbst vor Überlastung. Um dann noch gleichmäßig große Früchte zu bekommen, ist sehr oft später eine zusätzliche Handausdünnung vonnöten. Das ist jedoch ein anderes Thema.     
Schlechte Befruchtung ergibt auch missgestaltete Früchte. Das wird schon mal bei Erdbeeren auffällig. Aber nicht nur fehlende bzw. schlechte Befruchtung durch fehlende Bestäuberinsekten, Nässe, Kälte oder Spätfrost mindern unseren Obstertrag. Johannisbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren, Brombeeren und auch Kiwis danken einen fachgerechten Schnitt. Alte – ich sag’s mal so – vergammelte Stöcke bringen nichts mehr Ordentliches in den Erntekorb. Grundsätzlich ist es hier unabdingbar, für junges Fruchtholz zu sorgen. Manche sagen zu mir: „Ich schneide meine Pflanzen nach Gefühl“. Auch wenn ich jetzt selbst gestandenen Hobbygärtnern auf die Füße trete – egal: unser Gefühl täuscht auch manchmal. Einen Schnittkurs zu besuchen ist kein Zeichen von Unfähigkeit. Weiterbildung schadet nicht. Denken wir mal an den Standort unserer Obstpflanzen. Trockene Böden, Schatten, Halbschatten, nasse, schwere Standorte, verdichtete Flächen sind keine guten Voraussetzungen für einen Erntesegen. Manches Obst, wie Heidel-, Apfel- und Preiselbeere tun sich mit zuviel Kalk im Boden schwer. Informieren Sie sich über die Ansprüche des Obstes, das Sie im Garten haben wollen. Das Motto, da ist Platz, da kommen jetzt die Erdbeeren hin, ist fragwürdig. Immer wieder predige ich, dass eine Bodenuntersuchung Aufschluss über Ihren Gartenboden gibt. Diese Untersuchung kostet nur einen Bruchteil des Geldes, welches Sie ausgeben, wenn die Obstanpflanzung nicht hinhaut. Auch kommt es vor, dass Herbst- und Sommerhimbeeren verwechselt wurden. Allein durch den total anderen Schnitt kann es nicht funktionieren. Bei Johannisbeeren führen schlechte Wachstumsbedingungen gerne zur Verrieselung. Die Hängel sind nicht voll mit ­Beeren, ­sondern haben Fehlstellen. Erdbeerbeete sollten nach drei Jahren durch neue Pflanzen auf einer frischen, also anderen Fläche ersetzt werden. Hier zeigt sich mit den Jahren ein Nachlassen des Ertrages. Klassische Fruchtfolge hilft gegen diese Ermüdungserscheinung.       
Manches Obst ist an einer Pflanze männlich und an der anderen weiblich. Das bedeutet, es müssen von beiden Geschlechtern welche vorhanden sei. Sonst kommt es nicht zur Fruchtbildung. Auch kommen so genannte zwittrige Blüten vor.     Kulturheidelbeeren haben so was. Allerdings bringt erst der Pollen einer anderen Sorte den gewünschten, sicheren Fruchterfolg. Sie sehen, es sind etliche Bedingungen für den Obstertrag zu erfüllen. Manchmal wundere ich mich schon, wie die Natur es trotz widriger Umstände schafft (auch durch uns Kleingärtner verschuldet), für einen Ertrag zu sorgen.     
Hinterfragen Sie ruhig mal Ihre Verhältnisse bzw. Bedingungen. Da ­kommen hier und da schon noch neue Erkenntnisse hervor.     

 
Hans Willi Konrad 

 

 

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