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Es gibt keine hässlichen Pflanzen, denn Hässlichkeit ist per se gegen die Natur, allenfalls machen manche Pflanzen mehr von sich her als andere. So ein Tiefstapler ist Beinwell. Diese Wildpflanze ist im europäischen Raum heimisch. Trotzdem kennen Viele sie nicht, denn sie wächst meist unbeachtet im Abseits, an Straßenböschungen, Waldrändern, auf Ödländereien, in feuchtem Wiesengelände, wo sich keiner darum kümmert, ob sie wächst oder nicht. Sie wird 40–60 cm hoch je nach Bodenart und blüht ab April im Mai und Juni, mitunter auch im Sommer, wenn das Grün geschnitten wurde und die Pflanzen danach neu treiben. Die ein wenig glockenförmigen Blüten hängen in traubigen Blütenständen am Ende der Triebe, die im Herbst vergehen und allseits borstig behaart sind, die enge Verwandtschaft mit dem bekannten Gurkenkraut oder Borretsch demonstrierend. Nach der im Großen und Ganzen unscheinbaren Pflanze Symphytum officinale dreht sich kein Mensch um.
Damit unterschätzen wir sie. Einige Gartenbesitzer entdeckten immerhin Zierformen, so Symphytum caucasicum ‚Azureum‘ mit intensiv uni blau gefärbten Blüten oder Sorten von Symphytum grandiflorum mit reinweißen oder gelblichen Blüten schon ab April, die nicht nur wie alle Beinwellblüten den Pflanzenkundigen erfreuen, sondern auch Bienen und andere Insekten. Zierarten von Beinwell gehören in naturnahe Pflanzungen mit frischem Boden, der einfache Beinwell an einen leicht beschatteten Platz in Nähe des Komposthaufens.
Anderen Pflanzen im Garten hilft Beinwell wohltuend auf die Sprünge, weil er ihr Gedeihen, ihre Widerstandskraft und Gesundheit fördert. Hier kommt die oft erwähnte Beinwelljauche zum Zug. Rezept: Zu 10 Litern Wasser 1 kg zerhackte Beinwellblätter geben, das Ganze abgedeckt 10–20 Tage stehenlassen, bis sich kein Schaum mehr bildet, Flüssigkeit abseihen, 1:10 mit Wasser mischen und während der Vegetation gießen – alle Pflanzen, die Stärkung nötig haben. Will man Beinwelljauche spritzen oder sprühen, aufgefangene Flüssigkeit 1:20 mit Wasser mischen und alle 2–4 Wochen anwenden. Die ausgequetschten Beinwellblätter zum Kompost geben.
Nicht nur Pflanzen profitieren vom Beinwell, auch Menschen. Der Gebrauch von Salben und Umschlägen auf Beinwellgrundlage ist fast so alt wie Adam und Eva, bewährt sich bei Beulen, Prellungen, blutunterlaufenen Stellen, Knochenbrüchen. Es empfiehlt sich, Fertigpräparate anzuwenden, niemals auf verletzte Haut oder offene Wunden. Auch innerlich sollte man von Beinwell Abstand nehmen. Die heilkräftigen Stoffe stammen von Sympyhytum officinale, dem gewöhnlichen Beinwell, werden aus den Wurzeln gewonnen und sind unter anderem Allantoin, Asparagin, Cholin, Gerbstoffe, Kieselsäure, ätherische Öle.
Ilse Jaehner