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Das kann auf den ersten Blick so wirken. Helle, graue, später schwarze Stellen an der Tomatenfrucht. Allerdings hilft uns schon die Stelle an der die Flecken vorkommen, um die Sache einzugrenzen. Sie befindet sich nämlich auf der Seite der Frucht an der die Blüte war. Also genau gegenüber, wo jetzt der Stiel sitzt. Anfänglich ist diese Stelle auch noch weich und verhärtet sich im Laufe der Zeit. Für alle Unerschrockenen, die Frucht ist trotzdem essbar. Sie müssen lediglich diese schwarze, harte Stelle großzügig abschneiden. Falls wir mal den Schaden zu spät bemerken, kann doch noch eine Nutzung der Früchte stattfinden. Soviel Gutes vorweg. Die Frage der Hobbygärtner lautet aber: Wie lässt sich diese Stoffwechselkrankheit vermeiden?
Denn sie ist keine Seltenheit. Jahr für Jahr tritt sie mehr oder weniger heftig auf. Stoffwechselkrankheit heißt also: kein Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Gar zu oft kommen Fungizide (Pilzbekämpfungsmittel) zum Einsatz. Auch manch wilde Mischung. Genau wie die sehr beliebten Hausmittel. Erst wenn dieses ganze Sammelsurium nicht hilft informieren sich viele mal richtig. Was finden sie heraus? Es fehlt der Nährstoff Kalzium. Erfahrene Gärtner wissen auch die Stippe beim Apfel ist eine vergleichbare Krankheit. Vor allem geht es bei der Befallsfeststellung darum, den Schaden zügig zu begrenzen. Eine schnelle Versorgung mit Kalzium ist glücklicherweise kein Hexenwerk. Mit Algenkalk, Gartenkalk (kohlensaurer Kalk), Gesteinsmehl oder, wenn es ganz schlimm pressiert, mit Kalzium-Blattdüngern bekommen die Tomaten den nötigen Nährstoffausgleich. Nur ist dies der erste Schritt. Mehrere Ursachen können den Tomatenanbauer da in Not bringen.
Einmal saurer Boden, weil dem der Kalk fehlt. Hier ist nach dem Ausschlussverfahren eine Bodenuntersuchung notwendig. Liegt der pH-Wert, das Maß für den Kalkgehalt im Boden, unter pH 6 ist eine Aufkalkung der Fläche für zukünftigen Tomatenanbau grundsätzlich sinnvoll. Kommt aber bei der Beprobung heraus, dass der Wert im grünen Bereich ist, kommt der nächste Untersuchungsschritt. Magnesium und Kalium können bei zu hohem Vorkommen die Kalziumaufnahme blockieren. Aus diesem Grund macht es Sinn, gleich die Bodenuntersuchung etwas weiter zu fassen. Sind alle Werte im Normbereich geht die Ursachensuche weiter. Besonders stark wachsende Tomatenpflanzen mit dunkelgrünen, ja fast bläulichen Blättern deuten auf eine besonders gut gemeinte Stickstoffversorgung hin. Daraus resultiert viel Blattmasse, welche mehr Kalk/Kalzium verschlingt. Es entsteht wiederum ein erhöhter Bedarf. Die Blätter schnappen sich nämlich diesen Nährstoff vor den Früchten. Nächster Ansatzpunkt: ungleichmäßige eventuell sogar mangelnde Wasserversorgung. Tomaten sind keine Wasserpflanzen. Gleichmäßige und ausreichende Wassergaben sind für einen ordentlichen Ertrag aber Voraussetzung. Fehlt Feuchtigkeit, tun sich die Wurzeln mit der Nährstoffaufnahme grundsätzlich schwer. So auch hier. Besonders fällt das bei Kübel- bzw. Topfkultur ins Gewicht. Denn wenn Wasser fehlt, kann auch ausreichend vorhandenes Kalzium nicht aufgenommen werden. Nächster Missstand kommt gern bei Tomatenanbau im Gewächshaus vor: zu hohe Luftfeuchtigkeit bremst den Aufwärtssog durch die Blätter. Dieser Aufwärtsstrom ist wichtig, damit die gelösten Nährstoffe im Bodenwasser über die Wurzel hoch in die Pflanze und damit in Triebe, Blätter und Früchte gelangen. Ist dieser Aufwärtszug zu schwach, führt das ebenfalls zu einer Mangelsituation. Liegt die Luftfeuchte deutlich über 60 % macht die Pflanze mit dem Wasser hochziehen langsamer, weil sie ja feucht ist. Hohe Luftfeuchte, weniger Wasseraufnahme und dadurch geringere Nährstoffversorgung verschärft wieder die Kalziummangelsituation. Ein weiteres Schadbild können verkleinerte, deformierte, junge Blätter sein.
Kalzium kommt in der Pflanze zur Stärkung der Zellwände zum Einsatz. Nicht alle Früchte zeigen den charakteristischen schwarzen Fleck auf der ehemaligen Blütenseite der Frucht. Es können auch nur einzelne einer Rispe befallen sein.
Oft sind es die unteren, kleineren. Bei meiner Tomatensorte „Premio“ war es natürlich anders. Hier hatte eine Rispe in der Mitte der Pflanze die schwarzen Flecken. Natürlich waren es auch die größeren Früchte oben vom Rispenansatz her. Die unteren, kleinen am Ende waren gesund. So ist das – nichts ohne Ausnahme. Wenige Tage später zeigten sich an zwei weiteren Fruchtständen, oberhalb der erstbefallenen Rispe, die typischen schwarzen Flecken. Alle anderen Rispen blieben einwandfrei. Einen Tipp zum Ausprobieren hab ich noch: das Entfernen der untersten Blätter bis zu den ersten Früchten soll den Befall mindern. Oft schwächeln diese Blätter ja sowieso. Einen Versuch an wenigen Tomatenpflanzen ist es durchaus wert.
Dieses Mangelschadbild, Blütenendfäule, kann auch an Paprika und Zucchini auftreten. Bei Paprika kommt es auch zu Blattmissbildungen. Meine Zucchini hatten auch schon diese Erkrankung. Allerdings nur die im Kübel. Die kranken Früchte konnte ich nicht mehr verwerten. Sie sind alle von der Befallsstelle her weich und gammelig geworden.
So nun haben sie das Ganze mal vereinfacht zum Verdauen. Es ist aber für uns Kleingärtner ein pflanzenbauliches Problem, das wir gut in den Griff kriegen können. Spätestens die nächste Tomatenernte läuft ohne Blütenendfäule ab. Gutes Gelingen!
Hans Willi Konrad