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Wildobst mit Fragezeichen
Alle möglichen Früchte reifen im Herbst, leuchten rot, gelb oder blau zwischen bunt gefärbten Blättern, erregen Neugier, werfen Fragen auf: Was ist das? Kann man das essen? Richtiges Obst wie Äpfel oder Birnen ist manches davon offensichtlich nicht. Aber vielleicht doch zu was nütze? Das gilt unter anderem für Berberitzenfrüchte. Doch da gibt es solche und solche und weil manche solche ungenießbar und zum Teil sogar giftig sind, wollen wir uns die Sache etwas näher ansehen.
Zunächst bleibt festzuhalten, dass es nicht nur d i e Berberitze gibt, sondern mehrere, die als Ziergehölze für Gärten in Frage kommen und nur eine, die wild bei uns heimisch ist, botanisch Berberis vulgaris. Die wächst 1–3 m hoch gern an sonnigen Waldrändern und Hängen, in Nähe von Trockenrasen über durchlässigem Untergrund in kalkhaltigem, lehmig-humosem Boden, schätzt es eher trocken als nass, ist insgesamt ein zähes, anspruchsloses Gesträuch. Gelben, etwas streng riechenden Blütchen, die Bienen und anderen Insekten reichlich Nektar und Pollen liefern, folgen ab September rote Früchte, deren sonst seltene Walzenform den Kenner gleich auf Berberitze hinweist. Um diese Früchte geht es. Allerdings sind wildwachsende Berberitzen dieser Art selten geworden, denn als man herausfand, dass diese Art ein Zwischenwirt von Getreiderost ist – einer üblen Getreidekrankheit – wurden die Sträucher streckenweise ausnahmslos gerodet und sollen dort auch nicht mehr gepflanzt werden. Sie sind also selten geworden.
Berberitzenfrüchte sind essbar, aber ausdrücklich nur die von Berberis vulgaris. Früchte anderer Berberitzenarten wie verschiedener Zierformen sind ungenießbar und sogar giftig. Da soll man die Finger von lassen und die von Vulgaris auch erst pflücken, wenn sie schon fast überreif intensiv rot und etwas weich wurden. Sie können lange hängenbleiben. Selbst dann sind sie ausgesprochen sauer, zum Rohessen ungeeignet. Man kann sie verarbeiten, vor allen Dingen zu Marmelade, Gelee, Saft. Nicht pur, sondern wegen des doch recht sauren Geschmacks in Verbindung mit süßen Früchten: Birnen, Pflaumen oder ähnlichem. Und immer passiert, denn die Kerne schmecken etwas bitterlich. Die kernlose Sorte ‚Asperma‘ ist eine gute Alternative. Sie wird besonders in Frankreich geschätzt bei der Herstellung von Marmeladen, Alkoholika und anderen Köstlichkeiten. In Vorderasien gibt man getrocknete Früchte zu allerlei äußerst pikanten Gerichten in Verbindung mit Reis, Fleisch, Fisch. Getrocknete Berberitzenfrüchte erhält man auch hierzulande in Geschäften mit etwas ausgefallenerem Angebot. In Spezialgärtnereien für Wildobst weitere extra gezüchtete Sorten, deren Früchte das Pflücken mehr lohnen als jene von Berberis vulgaris, und zwar Berberis koreana ‚Rubin‘ und ‚Azisa‘.
Ilse Jaehner