Spinaternte mit Summen

­­Zur Klarstellung: ich liebe Spinat und finde Bienen einfach faszinierend. Aber die Kombination aus Spinat und Bienen ist – wie sagt man so schön – suboptimal. Trotzdem: fast jährlich treffen sich bei mir diese zwei ungleichen Gartenbestandteile. Und das kommt daher, dass meine Frau Kirsten Hobby-Imkerin ist und die Bienenkästen in unserem Garten stehen. Für unsere Obsternte ist das super. Bei meiner Spinaternte dagegen können bei der oben genannten Konstellation schon mal diese zwiespältigen Gefühle auftauchen. Wenn ich März/April dieses Gemüse säe, steht nämlich im Mai die Ernte an. Und genau in diesem Monat meinen die Bienen auch, mit dem Schwärmen beginnen zu müssen. An und für sich ist das Schwärmen für uns nichts Besonderes mehr, da es sich ja um die natürliche Vermehrung der Bienen handelt; schließlich bildet sich aus so einem Schwarm später ein neues unabhängiges Volk. Für uns ist das zudem ein gewohnter Anblick, wenn mal wieder tausende Bienen in einem Durchmesser von rund 10 Metern in der Luft kreisen, um sich dann irgendwo in der Nähe in der Form einer Traube niederzulassen, um dort zu beratschlagen, wohin die Reise letztendlich gehen soll. Unsere geschulten ­Ohren hören schnell, wenn wieder ein Schwarm unterwegs ist, der dann von meiner Frau eingefangen werden muss, um ihn in einen leeren Bienenkasten füllen zu können und ihm so ein neues Zuhause anzubieten. Spannend wird es nun, wenn Mensch (ich) und Tier (Biene) gleichzeitig den Drang zum Aktivwerden verspüren.    

Mitten im Garten steht ein großer Pflaumenbaum, der immer wieder gerne als Landeplatz für solch einen Schwarm dient. Wenn ich gerade zu dieser Zeit mit einem scharfen Messer dem Spinat zu Leibe rücke und das Zentrum dieses lautstarken Gesumme sich nur zwei Metern über mir befindet, dann erhöht das schon erheblich den ansonsten flachen Spannungsbogen bei dieser Tätigkeit. Normalerweise ist so ein Schwarm nicht auf Krawall gebürstet und konzentriert sich hauptsächlich auf das, was die Hormone der Königin ihm vorgeben. Doch immer wieder sind einige Exemplare darunter, die entweder als Kämpfer fungieren oder einfach ihren eigenen Kopf durchsetzen wollen. Diese gehen im Extremfall auch schon mal zum Angriff über. Um zumindest Stiche im Kopfbereich zu vermeiden, ziehe ich es dann vor, nicht stundenlang zu warten, sondern die Ernte mit einem Schutznetz um den Kopf zu vollenden. Da trockenes, warmes Wetter sich nicht nur hervorragend als Erntezeit eignet, sondern auch den Bienen gute Schwarmbedingungen schafft, erlebe ich dieses Zusammentreffen immer mal wieder.  

Es kommt aber auch vor, dass kein lautstarker Schwarm mich umkreist, sondern nur eine einzelne Biene. Bei einem Summton in mittlerer Tonlage bleibe ich entspannt, da das Tierchen nur auf Nektar- oder Pollensuche ist. Wird dieser Ton aber höher und eindringlicher, weiß ich, dass nur die Flucht hilft, da diese Biene aus irgendeinem Grund Streit sucht. Vielleicht hatte sie Zoff mit ihrer Königin oder sie ist es einfach leid, täglich nur Nektar und Pollen zu essen, während wir Menschen jeden Tag etwas Anderes auf dem Teller haben – auf jeden Fall werde ich verfolgt, bis ich ins Haus gestürmt bin. Zwar habe ich mich daran gewöhnt, in jedem Jahr Besuch von diesen nützlichen Insekten zu erhalten, wenn der Spinat geerntet werden will, aber ich finde es schon entspannender, wenn sie sich andere Reiseziele suchen; wie zum Beispiel die bunten Blüten, die ihnen süßen Nektar anbieten, der später als Honig bei uns auf dem Frühstückstisch stehen soll.   

Bisher habe ich bei der Spinaternte noch nie einen Stich (von einer Biene) abbekommen. Aber wie war das noch mit der Porzellankiste und der Vorsicht…                        

Manfred Kotters  

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