Sandarium, Steinhaufen, Totholz – wilde Ecken im Garten

Ein Aquarium ist ein mit Wasser befülltes Behältnis für Fische und jedermann kennt es,  vielleicht hat der eine oder andere in seiner Jugendzeit sogar einmal eines besessen. Was aber verbirgt sich hinter dem Begriff Sandarium?  Diese vermutlich neue deutsche Wortschöpfung sollte man vielleicht durch lateinische Begriffe ersetzen. Dann würde daraus Arenarium (Arena = lat. Sand), was soviel wie „sandbefülltes Behältnis“ und somit genau das Gegenteil von einem Aquarium bedeuten. Man verzeihe mir die Wortspielereien an dieser Stelle. Fachleute untereinander sind sich uneinig, ob die Anlage eines Sandariums überhaupt Sinn macht und manche glauben eher, im Zuge der Bodenversiegelung und dem Wegfall von kahlen, nicht bewachsenen Freiflächen wäre die Errichtung von Sandarien zwingend notwendig. Den Wildbienen macht zudem der Einsatz von Pestiziden, vor allem aber Herbiziden, zu schaffen. Fehlende Nistplätze und allgemeiner Futtermangel  verstärkt den Schwund noch dazu erheblich. Viele Gartenbesitzer wissen von der Wichtigkeit unserer Wildbienen als Bestäuber und haben zwischenzeitlich wohl auch ein Insektenhotel aufgestellt. Mittlerweile hat sich auch herumgesprochen, dass ein Großteil dieser Insektenherbergen aus sinnlos zusammengestellten Baumaterialien besteht, wie Ziegelsteinen, Tannenzapfen, Holzwolle und anderen Gegenständen, die von keiner Wildbienenart als Unterschlupf bzw. Bruthöhle angenommen wird. Richtig gute Produkte sind aber zwischenzeitlich längst auf dem Markt. Was man als Freund der Wildbienen noch wissen muss, maximal ein Viertel von unseren 460 noch vorhandenen, teilweise aber stark gefährdeten Wildbienen nehmen diese von uns geschaffenen Insekten–Hotels überhaupt an. Die restlichen Wildbienen-Arten (rund 340) sind reine Bodenbrüter, die im Erdboden brüten und teilweise im Boden überwintern.  Viele von diesen Wildbienen sind so genannte Solitärbienen, also Einzelgänger. Es gibt aber auch schwarmlebende Arten, die in sozialen Verbänden zusammenleben.    

Mehr als zwei Drittel aller heimischen nestbauenden Bienenarten nisten im Erdboden und benötigen oft ganz spezielle Bedingungen hinsichtlich der Bodenart (Sand, Lehm, Löß), Korngröße, Bindigkeit, Feuchte, Verdichtung, Belichtung und Bewuchs (unbewachsen bis dichte Vegetation). Von vielen Arten kennen wir die Ansprüche an den Nistplatz noch nicht. Die betreffenden Arten suchen sich einen für sie geeigneten Nistplatz selbst. Deshalb ist es im Vergleich zu Besiedlern oberirdischer Hohlräume und zu Bewohnern von Steilwänden zumindest in Gärten generell auch viel schwieriger und oft unmöglich, für in ebenen Flächen nistende Bienenarten erfolgreich künstliche Nistmöglichkeiten zu schaffen. (www.wildbienen.info Zitat:Paul Westrich) Wer sich nun ein Sandarium im eigenen Garten anlegen möchte, der hat beim Bau einige elementare Dinge  zu beachten.      


Was sollte man unbedingt beachten ?    

Als Standort für ein Sandarium eignet sich nur ein vollsonniger Platz im Garten. Schattige Lagen oder von Bewuchs geprägte Stellen in einem Garten werden von diesen Bienenarten nicht angenommen. Der eigene Boden im Garten ist auch nicht immer dafür geeignet, daher muss ein Sandbeet mit einer Mindestgröße von 50 × 80 cm angelegt werden, besser wäre noch größer. Heben Sie eine Mulde von mindestens 40 cm Tiefe aus, damit die Wildbienen später ausreichend Platz für ihre Niströhren haben. Alte Badewannen, Zuber, große Töpfe oder Schalen mögen dekorativ wirken, sind für diesen Zweck aber eher ungeeignet, da sie sich in der Sonne zu stark aufheizen. Das Wichtigste ist der Sand, bzw. das Füllmaterial. Spielplatzsand und Sand, wie ihn Verputzer und Maurer verwenden, sind vollkommen ungeeignet. Diese feinen, gewaschenen Flusssände  beinhalten keinerlei Ton- oder Lehmanteil, so dass die von den Bienen gebauten Niströhren sofort einbrechen würden. Besorgen Sie sich am besten in einem Steinbruch ungewaschenen, groben Sand unterschiedlicher Körnung. Man kann relativ einfach herausfinden, ob ein bestimmtes Sandgemisch für diesen Zweck verwendbar ist, indem man eine Formprobe damit macht: Hierzu füllt man das Material in einen Becher, feuchtet es an und stülpt den Becher um. Fällt das Gebilde nach dem Trocken auseinander, eignet sich dieses Sandgemisch nicht. Füllen Sie den Sand in die Mulde und häufeln Sie einen Hügel bzw. eine Schräge auf. So kann Regenwasser leicht ablaufen und das Sandarium trocknet schnell wieder ab. Wenn Ihr eigener Gartenboden sehr lehmig ist, können Sie am Fuß der Mulde auch eine Drainage-Schicht aus Ziegelbruch oder grobem Kies einbringen. Klopfen Sie mit einer Schaufel den „Hügel“ fest, um das Material noch ein wenig zu verdichten. Jetzt bringen Sie auf dem Sandbeet oder drum herum Totholz auf: Äste, Wurzeln, alte Weinreben, möglichst keine Nadelgehölze. Die Wildbienen nagen das Totholz ab, denn sie brauchen dieses Material, um ihre Brutröhren und -höhlen zu verschließen. Leider mutieren Sandarien in Wohngebieten gerne zum Katzenkloo. Um diese Vierbeiner davon abzuhalten, muss man sich schon was einfallen lassen. Hilfreich können Duftstoffe, Vertreibungsmittel, aber auch einfach aufgelegte Brombeerranken sein.   

Wildbienen im allgemeinen sind gegenüber unseren Honigbienen etwas flugfaul und bewegen sich von ihrem Bau nur wenige Meter Entfernung weg. Daher ist ein naturnaher Garten mit geeigneten Futterpflanzen die ideale Grundlage für ein Sandarium (siehe EBL April 2023). Es ist wichtig, ein Sandarium nur spärlich zu bepflanzen, denn das Ziel ist ja, den Wildbienen eine freie Fläche zum Nisten zu bieten. Man kann die Futterpflanzen auch am Fuße des Sandariums oder in unmittelbarer Nähe einsetzen.    

Lippenblütler wie Rosmarin, Thymian, Oregano, Salbei, Lavendel, aber auch blühende Steingartenpflanzen wie Fetthenne oder Hauswurze sowie Glockenblumenarten, Feder-, Pfingst- oder Kartäusernelken, Johanniskraut oder die Moschusmalve. Wichtig: Kaufen Sie keine Pflanzen, die gefüllte Blüten bilden oder Blühpflanzen aus Hybrid-Züchtungen, die kaum mehr Nektar oder Pollen entwickeln.   

 

Wichtige bodenbrütende Wildbienen    

  • Sandbienen  (Andrena) ca. 112 Arten
  • Mauerbienen (Osmia)  ca. 38 Arten
  • Seidenbienen (Colletes)  ca. 14 Arten
  • Pelzbienen (Anthophora)  ca.12 Arten
  • Furchenbienen (Halictus und ca. Lasioglossum 88 Arten)     


Wo nisten bodenbrütende Wildbienen?    

  • Offene Bodenflächen
  • Sandhaufen und Sandbänke
  • Rand und Geländekanten
  • Naturwege, sandgefüllte Fugen
  • Böschungen, Hänge
  • Hohlräume in der  Erde
  • Überhängende Abrisse, Steilkanten     


Steinhaufen im Garten     

Über Jahrhunderte hinweg gehörten Steinhaufen in ländlichen geprägten Gebieten ganz natürlich zum Landschaftsbild. Das waren Steine, die beim Pflügen und der Bodenbearbeitung aussortiert und am Feldrand als Lesesteinhaufen aufgeschichtet  wurden. In der modernen Landwirtschaft hat man dazu die Zeit nicht mehr, das wertvolle Steinmaterial wird vorwiegend auf Deponien abgefahren. Immer seltener sieht man solche Ansammlungen von geologischem Steinmaterial, die für unsere Fauna von unschätzbaren wert sind (weitere Nutznießer sind Hobbygeologen). Zumindest hat man den ökologischen Wert dieser Steinhaufen schon vor langer Zeit erkannt und Naturschutzverbände wie NABU oder BUND propagieren die Errichtung von Steinhaufen in naturnahen Gärten. Steinhaufen bieten beispielsweise Blindschleichen eine Versteckmöglichkeit, Zauneidechsen nutzen sie als Sonnenplätze und Igel finden darin einen Unterschlupf. Wird der Steinhaufen von Moos und Flechten bewachsen, finden auch Schmetterlinge, Spinnen und Schnecken Gefallen daran. Steinhaufen leisten einen wertvollen Beitrag für die Artenvielfalt und sind ein einfaches Mittel, um die Natur im Siedlungsgebiet zu fördern. An dieser Stelle wird auf die wichtigsten Punkte hingewiesen, die bei der Erstellung eines Steinhaufens beachtet werden sollten. Im weiteren Sinne gehören zu den Steinhaufen Trockenmauern, Steinpyramiden, Kräuterspiralen, Schmetterlingsspiralen und Schutthügel. Die Form, Struktur und Größe des geologischen Materials gibt die Bauweise vor.     


Lage    

Besonders die Eidechsen schätzen einen Steinhaufen, der an einem sonnigen und windstillen Standort platziert wird. Das Aushubmaterial sollte deshalb an der Nordseite des Steinhügels angehäuft werden. So werfen die darauf wachsenden Pflanzen später keinen Dauerschatten auf die Steine und schützen zusätzlich vor Wind und Wetter.     


Steine     

Ein idealer Steinhaufen besteht aus Steinen mit unterschiedlichen Korn-  oder Plattengrößen. Die Mehrheit der verwendeten Steine sollte einen Durchmesser zwischen 20 und 40 cm aufweisen. So entstehen kleinere und größere Hohlräume, die den verschiedenen Bedürfnissen der Tiere gerecht werden. Wird der Steinhaufen idealerweise sogar in eine Mulde im Boden eingelassen, sollte die unterste Schicht mit Kies und Sand aufgefüllt und sichergestellt werden, dass das Regenwasser absickern kann. Für die Beschaffung und den Transport der größeren Steine kann es sich lohnen, einen Bauern aus der Region zu kontaktieren, ob man Lesesteine nach Absprache von einem Acker holen darf. Verwenden Sie ausschließlich Steinmaterial aus der eigenen Region.     


Der richtige Platz     

Ein Steinhaufen, der isoliert auf einem gemähten Rasen steht, kann von Kleintieren schlecht genutzt werden. Ideal ist es, wenn der Haufen einen offenen Rand hat und von einem 50 bis 100 cm hohen Gras- oder Kräutersaum umgeben ist. Das bietet Schutz und stellt eine artgerechte Verbindung zu weiteren Biotopen in der Umgebung her. Efeu oder Brombeersträucher eignen sich, um den Steinhaufen teilweise überwachsen zu lassen. Letztere bieten den Kleintieren zudem Schutz vor Katzen, da die Katzen Dornen meiden. Die Pflanzen können von Zeit zu Zeit zurückgeschnitten werden, so dass sich zumindest ein Teil des Steinhaufens an der prallen Sonne aufwärmen kann.    

Die nachfolgenden Zeichnungen zeigen zwei ökologisch wertvolle Steinhaufen. Idealerweise hebt man dazu eine 80–100 cm tiefe Mulde aus und errichtet darin einen Steinhaufen von ungefähr 5 m³. Wer eine weniger platz- und arbeitsintensive Variante bevorzugt, kann einen kleineren Haufen mit einer Größe zwischen 2 bis 3 m³ bauen und auf die Mulde verzichten. Damit die Tiere den angebotenen Lebensraum auch wirklich annehmen können, ist es bei der zweiten Variante besonders sinnvoll, mehrere Steinhaufen in der Nähe anzulegen.     


Eine wilde Ecke im Garten belassen    

Jeder, der bereit ist, ein Sandarium oder einen Steinhaufen in seinem Garten zu errichten, der hat auch Verständnis für eine wilde Ecke. Auch die Pächter der BahnLandwirtschaft sind dazu aufgerufen, bei deratigen Maßnahmen mitzuwirken, die zu naturnahen Gärten führen, solange das natürlich nicht ausufert. (siehe auch EBL April 2023). Zudem haben unsere Gartenanlagen fast immer eine Gemeinschafts-Kompostfläche auf der solche „Sonderflächen“ eingerichtet werden können. Eine Kompostanlage eignet sich auch besonders gut für die Ablagerung von Totholz und Reisighaufen. Auch auf den Gemeinschaftsflächen der Unterbezirke könnte solch eine Fläche eingerichtet werden. Wilde Ecken im Garten fördern die Biodiversität, das bezieht sich nicht nur auf die verschiedenen Pflanzen und Tiere, sondern auch auf die unterschiedlichen Lebensräume. Nicht kultivierte Gartenflächen (bzw. Teilbereiche eines Gartens) sind hervorragende Verstecke von unterschiedlichsten Tieren, die hier Futterplätze, Nist- und Brutplätze sowie Wohnraum finden und auch noch einen Ort zum Überwintern haben.    

Auf wilden Ecken entwickeln sich gerne Unkräuter – die man an dieser Stelle vielleicht besser als Beikräuter bezeichnen sollte – die ein echtes Gärtnerherz weniger schätzt. Goldrute, Brennessel, Disteln, Glockenblumen, Taubnesseln, der Gundermann und Hahnenfußgewächse, um nur ein paar wenige zu benennen, stehen aber bei vielen Insektenarten hoch im Kurs und werden sehr gerne angenommen. Alleine 40 verschiedene tag,- und nachtfliegende Schmetterlingsarten sind auf die Existenz der Brennnessel angewiesen.     

Wie groß sollte so eine Ecke sein, könnte man jetzt fragen, doch eine genaue Antwort dazu, bzw. eine Empfehlung dazu auszusprechen ist kaum möglich, denn das ist situationsabhängig und hängt davon ab, wie weit man sich mit dieser Thematik überhaupt beschäftigen möchte. In jedem Fall sollte man sich in seinem eigenen Garten erst einmal genau umschauen. Muss jedes Unkraut sofort entfernt werden, darf die hübsche Taubnessel an Nachbars Zaungrenze weiterwachsen und Mensch und Insekt mit ihren wunderschönen weißen bzw. violetten Blüten erfreuen ? Muss der Rasen regelmäßig kurz getrimmt werden, statt ihn mal etwas länger wachsen zu lassen und der Gundermann mit seinen langen Rangen kommt Nachbars Garten auch schon bedenklich nahe. Wilde Ecken im Garten sind schön und sinnvoll, vielleicht auch nur aus eigener Sicht. Manch anderer mag denken, „da könnte mal wieder aufgeräumt werden.“ Es ist eine Frage der Perspektive, ob die wilde Ecke im Garten als unordentlich und nicht aufgeräumt aussieht. Entscheidend ist einzig und allein, was man damit erreicht hat, nämlich die Natur zumindest im kleinen Rahmen unterstützt zu haben.                      

Peter Hagen


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