|
Von Mexiko in die weite Welt.
Der Garten ist voller Wunder, kleinerer und größerer. Die Wunderblume Mirabilis hat da einiges vorzuweisen. Da man diese Pflanze ohne besonders anspruchsvolle Vorkehrungen im eigenen Garten ziehen kann, soll sie einmal etwas ausführlicher vorgestellt werden. Damit klar ist, mit wem wir es zu tun haben, hier zunächst der vollständige botanische Name Mirabilis jalapa. Mirabilis und Mirakel bedeuten das Gleiche: Etwas wunderbar Erstaunliches, was auf die Wunderblume zutrifft. Bemerkenswert erstaunlich ist ihre Fähigkeit, an einem einzelnen Exemplar unterschiedlich gefärbte Blüten hervorzubringen: rosa, rot, weiß, gelb, nochmal: an einer Pflanze, außerdem zweifarbig geflammte Blüten. Das erregt Aufsehen. Schon vor der Entdeckung Amerikas war sie offenbar in Mexiko allgemein bekannt. 1525 tauchte sie in Europa auf und machte sich gleich als so genannter Neophyt daran, alle wärmeren Erdgegenden zu erobern, führte sich überall als gern verwendete Zierpflanze ein. Wunderblume wächst je nach klimatischen Bedingungen staudig, zwei- oder einjährig. Bei der Kultur in kühleren Gegenden orientiert man sich weitgehend am Vorbild von Dahlien, vor allem, was die Überwinterung betrifft. Zunächst aber wird im März unter Schutz ausgesät und großgezogen, nach den Eisheiligen an einen sonnigen Platz und in nährstoffreiche, humose, etwas sandige Erde gesetzt, auch in Kübel. Die Wunderblume verzweigt sich gut, wird etwa 100 cm groß, gern höher; mit festen Blättern, ebenso breit. Sie blüht von Juni bis Oktober, so auffallend wie geschildert, besonders reich, falls man jeweils das Verblühte entfernt und bildet rundliche, schwarze Samenfrüchte. Nach dem ersten Frost holt man die sich rübenförmig bildenden kleinen Knollen aus der Erde, schneidet das Grün stark zurück und überwintert in einer sandgefüllten Kiste. Will man mehr Wunderblumen haben, teilt man die Knollen oder vermehrt mit Hilfe von Stecklingen, die sich im Frühjahr ab Austrieb an den Knollen bei hellem, warmen Stand bald bilden. Teilung oder Stecklingsvermehrung ist praktischer als Anzucht aus Samen. Schön und beliebt sein, ist schon eine ganze Menge, obendrein berühmt sein, der Gipfel. Das hat die Wunderblume erreicht, mit Hilfe eines Mannes namens Carl-Erich Corres, 1864–1933. Der steht im Gefolge von Gregor Mendel und dessen Erbsen, mit deren Hilfe er die Vererbungsgesetze entschlüsselte. In seine Fußstapfen trat Corres mit der Wunderblume und baute 1900 das Wissen um die Gesetzmäßigkeiten der Vererbung weiter aus. Pflegt jemand eine Wunderblume im Garten und besitzt er genug Geduld und wissenschaftlichen Eifer, kann er die Versuche nachvollziehen, falls noch Schüler, im Botanikunterricht mit Präsentation von lebenden Wunderblumen punkten.
Ilse Jaehner