So ein Mist

­­Der Trend „zurück zur Natur“ hat viele Facetten: die Pflanzen im Garten werden nicht mehr so reglementiert, sondern bekommen mehr Freiräume. Chemische Spritzmittel sind im Privatgarten kaum noch erlaubt; und gedüngt wird weniger mit Mineral-, sondern eher mit organischem Dünger wie Hornspäne. Auch Mist, also tierische Ausscheidungen vermischt mit Stroh, wird immer beliebter – wenn man ihn denn bekommt. So manch einer hat sich deswegen mit Pferdebesitzern oder Reitställen in Verbindung gesetzt und nimmt auch Fahrten in Kauf, um diesen Naturdünger zum eigenen Garten zu bringen.   

Da ist es von Vorteil, wenn man in einer ländlichen Umgebung wohnt, da die Pferde zumeist dort zu Hause sind. Vielleicht hat man sogar das Glück, dass ein Pferdeliebhaber ein direkter Nachbar ist. So wie bei mir. Wenn ich mir Pferdemist oder sogar reinen Pferdedung geholt habe, schnappte ich mir lediglich die Schubkarre und holte mir was. Innerhalb von ein paar Minuten war ich wieder zurück. Allerdings ist nicht alles Gold, was glänzt – wie ich leidvoll erfahren musste. Doch eins nach dem anderen.   

Als mein Nachbar frisch eingezogen war, bot er mir den Mist direkt an, da er kein Ackerland oder Garten hatte und daher stets einen Landwirt oder Lohnunternehmer beauftragen musste, um den Misthaufen abtragen zu lassen. Bei mir kam direkt Begeisterung auf – Pferdemist, super! Ich durfte sogar auf der Pferdewiese die frischen Hinterlassenschaften einsammeln, um reinen Dung zu haben. Da frischer Dung nicht für alle Pflanzen optimal sein sollte, habe ich einen Teil meiner Errungenschaften zum Ablagern auf einen separaten Haufen gefahren, einen zweiten Teil in den Komposthaufen gemischt und den Rest (reiner Pferde­dung) unter zwei Sträuchern meiner roten Johannisbeeren verteilt. Es war Winterzeit, da konnte die Düngewirkung schön langsam mit den Niederschlägen in den Boden einsickern. Die Sträucher standen schon jahrzehntelang an der gleichen Stelle und bekamen jährlich ihre Kompostration. Also waren sie, so meinte ich, gut verwurzelt und so widerstandsfähig, dass sie den frischen Mist sicherlich freudig aufnehmen würden. Als im Frühjahr die Zeit kam, dass sie ihre Knospen treiben sollten, hielten sie sich jedoch arg zurück. Die Sträucher entwickelten im Laufe des Jahres maximal 30–40 % der sonst üblichen Blattmasse und Fruchtstände musste man regelrecht suchen. Normalerweise ernten wir von ihnen so viel, dass wir gar nicht alles selbst verarbeiten können. Sollte tatsächlich der frische Pferdemist schuld sein?! Ein befreundeter Gärtner bestätigte meinen Verdacht: Pferdemist sollte man vor der Verwendung ablagern und nicht frisch verwenden. Es stimmt also wirklich: gut gemeint, ist wirklich nicht immer gut gemacht! Dieses traurige Erlebnis hat aber ein gutes Ende genommen: denn die Düngewirkung setzte im Folgejahr ein und entschädigte mich mehr als genug.  

Die Pferdemist-Geschichte ist aber noch nicht zu Ende: den abgelagerten Mist habe ich nach einem Jahr verbraucht. Der Haufen war mächtig geschrumpft und mit der ursprünglichen Masse nicht mehr zu vergleichen. Mit diesem abgelagerten Naturdünger habe ich die Rosen („Rosarium Uetersen“) gedüngt. Diese nahmen meine Gabe dankbar an und verwöhnten mich mit einer Unmenge von Blüten. Leider blieb die Freude auch hier nicht ungetrübt. Als nämlich einige Zeit ins Land gegangen war, bemerkte ich, dass rund um meine Rosen eine Unzahl von Gräsern wuchs, die ich vorher dort noch nicht entdeckt hatte. Mit einem Jät-Vorgang war die Sache auch noch nicht erledigt, da noch eine Zeitlang immer neue Gräser keimten. Schon wieder erkannte ich den Pferdemist als Grund für mein Negativ-Erlebnis. Das Pferdegebiss ist nun mal recht grob und Grassamen sind eben recht klein – somit werden nur die wenigsten zerkaut, alle restlichen wandern einmal durch das Pferd und verlassen es wieder unverdaut und zusätzlich sogar mit Dünger versorgt. Wenn sie dann in den Gartenboden eingearbeitet werden, erwachen sie schnell wieder zum Leben und bilden grüne Teppiche.   

Nach diesen unerwünschten Gartenerkenntnissen habe ich mich dazu entschieden, doch lieber wie bisher nur auf Kompost, Hornspäne und Brennnesseljauche (natürlich nur, wenn sie noch keine Samen angesetzt haben!) zu vertrauen. Ein Sprichwort sagt: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul – dann muss eben mit den Konsequenzen leben.  

Manfred Kotters  

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