Begegnung mit Springkräutern

­­Die stehen gehörig unter Druck   

Gärtnern bedeutet mitunter zwei Seelen in einer Brust. Beispiel: Drüsiges Springkraut oder Himalajaspringkraut oder Großes Springkraut. Weil diese einjährige Pflanze aus den Bergen Indiens wie eine Flutwelle über Europa kam und sich übermäßig ausbreitet, wird allenthalben vor ihr gewarnt. Sie verdrängt mit ihrer Vermehrungsfreudigkeit heimische Pflanzen, was nicht sein soll, weil es nicht sein darf.    

Impatiens glandulifera, so heißt der Fremdling botanisch, sprießt aus Samen in kurzer Zeit bis 2 m hoch und höher, blüht rosa oder rot, bildet reichlich Samen in länglichen Kapseln, die unter hohem Spannungsdruck stehen, bei Reife platzen und die Samen weit herausschleudern. Bei Frost endet das Dasein dieses Springkrautes, doch die Samen sorgen dafür, dass im nächsten Frühling noch mehr Pflanzen wachsen als im Jahr zuvor, nicht nur dort. Sie breiten sich rücksichtslos aus. Heimische Pflanzen werden verdrängt. Das ist unerfreulich.    

Nun verhält es sich so, dass die Blüten dieses Springkrautes erstaunlich viel Nektar bilden, nicht nur eine bestimmte kurze Zeit wie meist üblich, sondern während der ganzen Blühdauer, insgesamt von Juli bis Frost. Das ist ein Festmahl für Bienen und Hummeln plus weiterer Insekten. Hinzu kommt: Während die späteren Blüten noch blühen, reifen schon die Samen in den frühen Blüten, und die kann man essen als Ersatz von Walnüssen und so auch in der Küche verwenden.    

Springkraut ist also nicht nur schädlich! Dabei beruhigt, dass man Großes Springkraut leicht wieder loswerden kann, jedenfalls aus dem Garten, falls man alle Sämlinge restlos entfernt, bevor sie erstarken und ihrerseits Samen bilden. Auch sorgt man dafür, dass keins dieser Springkräuter aus dem Garten entwischt und dann die Gegend verunsichert.   

Außerdem besteht die Möglichkeit, mit Springkräutern bekannt zu werden, ohne dass man sie sich in den Garten holt. In Europa heimisch, auch hierzulande, ist das „Kraut rühr mich nicht an“, botanisch Impatiens noli-tangere. Diese Wildpflanze wächst gern etwas schattig und feucht, zum Beispiel entlang von Bächen, in Nähe eines Waldrandes. Dies Verhalten ist so typisch, dass solche Pflanzen als Anzeiger von Frostlöchern gelten, die Gartenbesitzer tunlichst meiden. Je nach Standort werden die Pflanzen 30-80 cm hoch, haben ähnliche Blüten wie großes Springkraut, aber gelbgefärbte. Ab Juli gibt es reifende Früchte, die, wie gehabt, unter enormem Druck stehen, bis zu etwa 20 Atü. Das ist beachtlich. Je sonniger, trockener der Standort und je reifer die Früchte, desto stärker reagieren diese auf Berührung und desto deutlicher fühlt man das heftige Zerplatzen der Samenkapsel. Als ob sich etwas Lebendiges zwischen den Fingern bewegen würde. Tut es ja auch!   

Ilse Jaehner

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner